Düsseldorf Seelsorge: 20 Jahre Hilfe per Mail und Chat

Die Nachfrage nach anonymer Hilfe ist groß. Schriftlich melden Jüngere, oft mit harten Problemen.

Düsseldorf: Seelsorge: 20 Jahre Hilfe per Mail und Chat
Foto: epd

Düsseldorf. Wer massive persönliche Probleme hat, dem fällt es oft schwer, diese auszusprechen. Sie aufzuschreiben ist dagegen für viele Menschen leichter.

Die Mitarbeiter der Seelsorge merken das an den Chatnachrichten und E-Mails, die sie bekommen: Viel öfter geht es um Selbstmordabsichten, Gewalterfahrungen. „Wir nennen es die dunklen Themen“, sagt Rüdiger Kerls-Kress. Er hat die Chat- und Mailseelsorge bei der Telefonseelsorge in Düsseldorf aufgebaut.

Morgen ist es genau 20 Jahre her, dass das Angebot in Deutschland an den Start ging. Für Kerls-Kress und seine Kollegen ein Grund, auf die Arbeit zurückzublicken. In Düsseldorf wie anderswo steigt die Nachfrage nach der Seelsorge auf allen Kanälen. Die fast ausschließlich ehrenamtlichen Mitarbeiter kommen mit der Arbeit kaum hinterher.

Rund 300 Menschen haben sich im Vorjahr an die Mailberatung gewandt, im Schnitt rund fünf Mails geschrieben. Sie klagen meist über depressive Stimmungen, familiäre Konflikte, Einsamkeit. An fünfter Stelle bei den E-Mails stehen bereits die Selbstmordgedanken. Wer einmal eine Antwort von einem Mitarbeiter bekommen hat, wird beim nächsten Mal mit demselben Menschen zu tun haben — anders als bei Chat oder Telefon.

„Die Mitarbeiter versuchen, sich irgendwann wieder zu lösen“, sagt Kerls-Kress, bei Bedarf auch an Experten zu vermitteln. Doch nicht selten verabschiedeten sich die Ratsuchenden auch von sich aus. Das kann gerade dann schmerzlich sein, wenn sie zuvor explizit über Selbstmordabsichten gesprochen haben. Tun kann die Seelsorge nichts in einem solchen Fall — die Anonymität ist nun einmal unabdingbar.

Seit es Chat- und E-Mailberatung gibt, erreicht die Seelsorge jüngere Menschen. Während die Anrufer meist über 40 sind und oft über 50, melden sich auf schriftlichem Wege viele Menschen zwischen 20 und 30, gerade den Chat nutzen manchmal auch Teenager. Die Mehrheit auf allen Kanälen bilden Frauen. Das war nur bei den E-Mails zu Beginn anders. Der Grund ist wohl der technische Vorsprung, den Männer zu Beginn hatten.

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