Neuer Arena-Name: „Düsseldorf geht mit schlechtem Beispiel voran“

Sylvia Schenk von der Antikorruptions-Organisation Transparency International kritisiert, dass die Stadt trotz der neuen Zusammenarbeit mit der Glücksspielbranche nichts zu Wettmanipulation und Spielsucht sagt.

 Sylvia Schenk von der Antikorruptions-Organisation Transparency International.

Sylvia Schenk von der Antikorruptions-Organisation Transparency International.

Foto: Arne Dedert

Düsseldorf. Der neue Namensponsor der Arena sorgt weiter für Diskussionen. Nicht nur viele Fortuna-Fans ärgern sich über die Zusammenarbeit mit der Gauselmann-Gruppe, auch Sylvia Schenk von der Antikorruptions-Organisation Tranparency International kann dem unkritischen Umgang der Stadt mit der Glücksspiel-Branche nichts abgewinnen.

Frau Schenk, die Arena wird in wenigen Wochen wie eine Spielhalle heißen. Sie gelten als Kritikerin von Sponsoringverträgen zwischen Sport und Glücksspiel-Branche. Was stört Sie daran?

Sylvia Schenk: Man wird die Branche nicht völlig aus Werbung und anderem rund um den Spitzensport heraushalten können, das haben wir bereits Anfang des Jahres gesagt, als Tipico bei der Fußball-Bundesliga eingestiegen ist. Aber wenn es schon eine Zusammenarbeit gibt, muss mit dem Geld auch ein Präventionsprogramm finanziert werden. Die Presseerklärung über das Sponsoring von Gauselmann in Düsseldorf sagt nichts darüber aus, dass man die Themen Spielmanipulation oder Spielsucht überhaupt im Blick hat. Dass eine städtische Gesellschaft so etwas an ihre Vereine vermittelt, geht gar nicht.

Die Arena ist natürlich seit Jahren defizitär...

Schenk: Ja, welche städtische Arena ist denn nicht defizitär?

Das stimmt, aber in Düsseldorf sind die Kosten ein besonderes Politikum. Die Arena macht jedes Jahr einen zweistelligen Millionenverlust, und das Angebot von Gauselmann war das lukrativste.

Schenk: Das ist kein Argument dafür, dass man sich völlig verkauft und die Risiken ausblendet. Man hat als Stadt eine öffentliche Verantwortung. Gerade in einem Bereich, in dem die Probleme mit der Wettmanipulation und problematischem Spielverhalten bis hin zur Sucht so groß sind, das Bewusstsein dafür aber meist noch fehlt. Spielsucht bei jungen Sportlern und Manipulation von Sportwetten stehen international immer mehr im Fokus. Und was macht die Stadt Düsseldorf? Legitimiert den unkritischen Umgang mit dem Thema durch diese Zusammenarbeit.

Befürworter des Deals argumentieren, dass andere Stadien oder Vereine durch Alkoholwerbung finanzieren. Wo fängt es an?

Schenk: Zigaretten-Werbung ist glücklicherweise völlig verboten, Alkoholausschank in den Stadien weitgehend — da gibt es zumindest Problembewusstsein. Wer für Glücksspiel wirbt, muss den Gefahren der Manipulation von Wettkämpfen und dem hohen Suchtpotenzial umfassend Rechnung tragen, das gilt für Automaten wie für Sportwetten. Denn Spielsucht ist vor allem eine versteckte Sucht.

Was meinen Sie damit?

Schenk: Man sieht sie den Menschen nicht direkt an. Alkohol bekommt das Umfeld meistens mit, Spielsucht wird dagegen völlig unterschätzt. Wenn es auffällt, kann es schon zu spät sein. Und die Neigung zu problematischem Glücksspiel-Verhalten wird durch Werbung im Sport besonders gefördert. Untersuchungen zeigen, dass männliche Heranwachsende — etwa jeder Zehnte ist bereits Sportwetter — und junge Erwachsene eine besondere Risikogruppe darstellen. Wenn sie selber Fußball spielen, verstärkt die Illusion, sie könnten Ergebnisse als Fachleute vorhersagen, die Neigung zum übermäßigen Spiel.

Aber hat es das nicht immer gegeben?

Schenk: Natürlich kann man das nicht vollständig trennen, Sport hatte schon immer mit Sportwetten zu tun. Aber Toto war ohne vergleichbares Suchtpotenzial und ohne Manipulationspotenzial. Heute kann man online auch auf einzelne Situationen tippen, sich zudem live beteiligen — das fördert das Sucht- und das Manipulationsrisiko. Natürlich sind wir realistisch und sagen nicht, dass man die Sportwetten völlig aus dem Sport herausbekommt. Aber man muss gucken, wo man die Grenzlinie zieht.

Wo ist Ihre?

Schenk: Bei der Frage, wer wirbt — ein einzelner Verein oder aber die Bundesliga als übergeordnete Instanz, die für die Regulierung zuständig ist und einen gesellschaftspolitischen Anspruch hat, oder eine kommunale Institution, bei der die Verantwortung noch mal weiter geht. Außerdem sind Aufklärung und Prävention unverzichtbar. Die Bundesliga muss nicht wie einzelne Vereine gucken, dass sie nicht absteigt und deswegen noch einen Spieler finanzieren. Sie fördert mit der Bundesligastiftung soziale Projekte, dann erwarte ich von der DFL, dass sie ein umfassendes Präventionsprogramm startet. Was sie momentan hat, ist zwar seit 2011, als wir das Projekt mit in Gang gesetzt haben, weiterentwickelt worden, aber da muss mehr kommen.

Was können einzelne Vereine tun? Die DEG bekommt wegen des Deals einen Wettanbieter als Trikotsponsor.

Schenk: Wir kommen nicht hinterher, jedem einzelnen Verein zu sagen, wenn du das und das auf deine Trikots nimmst, musst du das und das machen. Dafür haben viel zu viele Vereine Werbeverträge mit Wettanbietern. Unser Ansatzpunkt sind die Multiplikatoren. Das war bei der Deutschen Fußball Liga besonders wichtig, weil Tipico eine sehr aggressive Werbung macht. Deshalb werden wir uns nicht mit der DEG oder einem Feldhockeyverein auseinandersetzen, würden aber auch von denen erwarten, dass sie systematisch Aufklärung und Prävention zu Wettkampfmanipulation und Spielsucht betreiben.

Auch zur Wettmanipulation?

Schenk: Unbedingt, alle Sportarten sind betroffen. Da die Fußball-Bundesliga durch die hohen Gehaltszahlungen weniger anfällig ist, kann es zu Ausweichbewegungen in andere Ligen und Sportarten kommen. Und dem wird nicht ausreichend Rechnung getragen. Aber in Düsseldorf ist es ja nicht so, dass ein Verein, der nicht weiß, wie er sonst einen ähnlich großen Sponsor bekommt, einen Vertrag mit Gauselmann abgeschlossen hat, sondern eine Stadttochter. Und das geht gar nicht, weil eine städtische Gesellschaft noch mal ganz andere moralische und soziale Verpflichtungen hat, sich gegen Spielmanipulation und Spielsucht zu stellen und zu schauen, wie sie dem vorbeugt. In Düsseldorf geht eine städtische Einrichtung mit schlechtem Beispiel voran. Sie bejubelt den Vertragsabschluss ohne ein Wort zur Prävention zu verlieren.

Wie sieht es denn hinsichtlich des konkreten Sponsors Gauselmann aus?

Schenk: Es könnte durchaus Zweifel geben, ob die in Düsseldorf vereinbarte Werbung mit der Gauselmann-Dachmarke Merkur rechtmäßig ist. Hat die D.Live vor Vertragsabschluss zum Beispiels geprüft, ob Verbindungen der Dachmarke zu illegalen Online-Casinos bestehen? Was man in den vergangenen Jahren über Gauselmann lesen konnte, spricht nicht unbedingt für ein integeres Unternehmen. Dieses seitens einer städtischen Gesellschaft mittels Werbung breit in den Sport zu bringen, wo doch die Integrität des Sports neuerdings ein strafrechtlich geschütztes Rechtsgut ist, unterläuft alle Anstrengungen der Prävention.

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