Düsseldorf Sabatelli bringt die Oper in Fahrt

Antonio Sabatelli dirigiert Bühnenbilder und Dekorationen.

Düsseldorf: Sabatelli bringt die Oper in Fahrt
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. „Wo ist Sabatelli?“ hallt ein Ruf wie Donnerhall an der Opernbühnenrampe am Hofgarten. Schon schallt die Antwort zurück: „Auf der Bühne!“ Heiteres Beruferaten: Dem Namen nach könnte es sich um einen italienischen Startenor handeln, dabei ist Antonio Sabatelli eher so eine Art Dirigent - nicht eines Orchesters, sondern der Kulissen der Deutschen Oper am Rhein.

Die Theatergemeinschaft der Deutschen Oper am Rhein hat bekanntlich zwei Spielstätten: Düsseldorf und Duisburg. Und dazwischen? Kommt die Oper in Fahrt. Der Sattelschlepper, ein 38-Tonner steht bereit. Kennzeichen: D-OR. Deutsche Oper am Rhein on the Road again. Aktuell für den „Fliegenden Holländer“. Der kommt in Düsseldorf gerade von Bord, aus mehreren Containern.

Da steht fast im Grün des Hofgartens ein schwarzgoldener Tresor. Gleich folgen um einen Schiffsmast gewickelten zerfledderten roten Segel. Als nächstes Teil folgt ein Riesen-Spinnrad für die Wagner-Oper. Es wankt wie auf hoher See. Doch die Mannschaft, ein kräftiges Dutzend, hat alles im Griff. Ein eingespieltes Team, von denen nicht wenige schon seit zwanzig Jahren „die Oper fahren“.

Mit Toni, wie ihn alle vor, hinter und auf der Bühne nennen, und seinem Team kann die Oper echt einpacken. Virtuos dirigiert er die Transporte zwischen Düsseldorf und Duisburg, nicht nur bei Gastspielreisen, auch über die Grenzen nach Belgien, Italien, in die Schweiz. Das ist jedes Mal eine Inszenierung für sich, ein gigantischer logistischer Aufwand. Gibt es besondere Ablaufpläne, sind alle Einzelteile nummeriert? Toni schüttelt den Kopf. In dem ist alles drin: „Mein Computer.“ Seine Festplatte: vom Schräubchen bis zum Riesenrumpf des Holländer-Schiffes.

Manche Oper passt in zwei oder drei Container, „Aida“ braucht acht. Für die Kostüme gibt es einen Extra-Transporter. Die großen Orginalteile werden, wenn sie nicht gebraucht werden, in nummerierten Containern zwischengelagert in Duisburg-Wanheimer Ort. Die Nummern hat Sabatelli auch im Kopf.

Also alles Routine von A nach B, von Düsseldorf nach Duisburg oder nach Den Haag? Nicht immer. Auf der Fahrt nach Holland sind im April plötzlich zwei Reifen gleichzeitig geplatzt. Sabatelli: „Ein Riesenknall!“ Und dann? Reifenwechsel mitten auf der Autobahn ging nicht, zu gefährlich. Also mit Hilfe von Polizei und Spezialfirma ganz langsam runterfahren, um den Ersatzreifen zu montieren. Einen zweiten gab es nicht, da musste ein Zwillingsreifen eben mal ganz langsam die Last alleine tragen. Mit drei Stunden Verspätung waren die Düsseldorfer dann noch rechtzeitig zum Bühnenaufbau am Ziel.

Und wenn beim Übergang in die Schweiz für ein Gastspiel in Montreux zwar die Zollpapiere piccobello sind, doch der Transporter nach den Regeln des Alpenlandes ein paar Zentimeter zu lang ist, dann heißt es umkehren, umladen und erneut losfahren, dann eben zweimal hintereinander.

Sabatelli hat seine Karawane auch schon über den Brenner bis nach Venedig gesteuert. Das dortige Opernhaus „La Venice“ war unglücklicherweise wegen Brandes geschlossen, gespielt wurde in einem Zelt. Das konnte glücklicherweise auf dem Landweg angesteuert werden. Sabatelli: „Für La Venice hätten wir alles auf Boote verladen müssen.“

Italien wird Toni ab September nächsten Jahres noch öfter ansteuern. Und für länger. Dann, nach seiner Pensionierung mit leichterem Gepäck. Seine Familie hat einen großen Bauernhof in Apulien, nicht weit von den berühmten Trulli-Bauten dort. Von dort kam er 1974 ins Rheinland. „Ich wollte einfach abhauen“, auch als sein Vater ihm ein neues Auto versprach, wenn er bliebe. Sein Bruder arbeitete damals schon im Düsseldorfer Opernhaus in der Abteilung Bühnentechnik. Sabatelli: „Doch ich wollte von Anfang an zum Transport.“ Dabei hatte er es am Anfang im Wortsinne schwer. Er bekam Rückenschmerzen vom Job und Heimweh nach seiner zurückgelassenen Verlobten. Heute, mit 64, hat der drahtige Toni zwar einen Vertrag in einem Sportstudio „aber nur als Karteikarte“. Rückenprobleme kennt er kaum noch. Seine Braut hat er damals einfach nachgeholt. Sie sind nach über 40 Jahren immer noch glücklich verheiratet.

Klar, dass er nicht nur seinen Job, sondern auch die Oper als solche liebt, „Aida“ und „La Traviata“. Schließlich ist er Italiener. Alle Italiener lieben die Musik. Auch sein Sohn Angelo. Doch der ist nicht auf der Opernbühne unterwegs. Auf seiner website firmiert „Joyello“ als „Entertainer der Extraklasse“. Seine Fans schwärmen von ihm als „wohl süßeste Versuchung seit es Italiener gibt“, und die Medien schreiben vom „Massenanziehungsmagnet“. Dessen bediente sich Bundeskanzlerin Angela Merkel während ihrer Deutschland-Tournee 2007. Stolz zeigt Vater Toni ein Video. Da können andere wohl einpacken.

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