Düsseldorf Rückert-Schüler sprechen über das Konzentrationslager Auschwitz

Rückert-Schüler sprechen über ihre Eindrücke vom Konzentrationslager in Auschwitz.

Düsseldorf: Rückert-Schüler sprechen über das Konzentrationslager Auschwitz
Foto: Judith Michaelis

Die Eindrücke vom größten Konzentrationslager der Nationalsozialisten beschäftigen den 16 Jahre alten Benjamin immer noch. „Die Fahrt hat mich verändert“, sagt er. Zusammen mit 18 weiteren Schülern der Jahrgangsstufe 11 des Friedrich-Rückert-Gymnasiums in Rath hat er Anfang Oktober bei einer Gedenkstättenfahrt den Ort besucht, an dem während der Nazi-Herrschaft bis 1945 mindestens 1,1 Millionen Menschen ermordet wurden.

Düsseldorf: Rückert-Schüler sprechen über das Konzentrationslager Auschwitz
Foto: Screenshot

Eine Tatsache, die Benjamin zuvor schon wusste. Das Vernichtungslager Auschwitz mit eigenen Augen zu sehen, ist für den 16-Jährigen aber nicht vergleichbar mit der reinen Aufnahme von Informationen. „Das Stammlager zu sehen, war ein beklemmendes Gefühl für mich, das ich immer noch habe“, sagt er. Jegliche Art von rechtem Gedankengut könne er seitdem immer weniger nachvollziehen.

Seine Mitschüler sind nicht weniger beeindruckt. Nahid hat der Anblick von Bergen von Haarbüscheln, Koffern und Schuhpaaren ergriffen. „Oh mein Gott, Sie haben die Menschen wie Insekten behandelt“, sei der 19-Jährigen vor Ort klar geworden. Sie kam vor fünf Jahren mit ihrer Familie aus dem Iran nach Deutschland. Auch ihre Angehörigen wussten bisher nicht viel über den Holocaust. Im Iran gehörte Antisemitismus gleichsam zum politischen System.

Nach einer im September veröffentlichten Umfrage der Körber-Stiftung wussten nur 59 Prozent der Schüler ab 14 Jahren in Deutschland, dass Auschwitz-Birkenau ein Konzentrations- und Vernichtungslager war. Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) hatte Anfang des Jahres vorgeschlagen, den Besuch einer KZ-Gedenkstätte für alle Schüler zur Pflicht zu machen.

Der 16-jährige Benjamin sieht das anders. Mit Blick auf Holocaust-Leugner und rechtsextreme Tendenzen fände er es zwar gut, wenn sich jeder Schüler eine KZ-Gedenkstätte ansieht — aber ohne Zwang. „Wenn man dort hingeht, zeigt man auch Respekt gegenüber den Opfern“, ergänzt Mitschülerin Nahid. Auch dafür brauche es eine Motivation, sich ernsthaft mit der Thematik auseinanderzusetzen. Nur wenig Respekt haben sie teilweise bei anderen Besuchern erkannt. „Es gab Leute, die auf den Gleisen in Birkenau Selfies gemacht haben“, berichtet Anna Lea (16).

Am Rückert-Gymnasium müssen sich die Schüler mit einem Motivationsschreiben bewerben, um an der Gedenkstättenfahrt teilnehmen zu können. „Es setzt die Bereitschaft voraus, sich intensiv darauf einlassen zu können“, sagt Geschichtslehrerin Dorothea Kusch. Fünf Tage waren die Schüler aus Düsseldorf in Polen. Alleine drei Tage lang haben sie das Konzentrationslager in Auschwitz besucht.

Zur Verarbeitung gehörten abendliche Gesprächsrunden, bei denen sich Schüler und Lehrer über ihre Eindrücke austauschen konnten. Die waren auch für Benedikt Linnenbrink wichtig. Der Geschichtslehrer war ebenfalls zum ersten Mal in Auschwitz. „Ich hatte vorher schon das Gefühl, dass ich weiß, worüber ich rede“ — jetzt komme für ihn und seine Schüler aber noch eine „emotionale Ebene“ hinzu, deren Vermittlung nur mit Dokumenten und Fotos nicht möglich sei. Mit Vorträgen und Fotos wollen die mitgereisten Schüler ihre jüngeren Mitschüler motivieren, sich auf einen Platz bei einer der nächsten Fahrten zu bewerben. „Wir tragen eine Verantwortung dafür, dass das nicht in Vergessenheit gerät“, sagt Anna Lena.

Ein Filmteam hat die Schüler aus Düsseldorf bei ihrer Gedenkstättenfahrt begleitet. Bei Arte ist noch bis zum 28. Februar die Dokumentation „Klassenfahrt nach Auschwitz“ in der Mediathek zu sehen:

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