Pulse of Europe: Kundgebung für mehr Europa - egal wie

Trotz sinkender Besucherzahlen zeigen einige hundert Teilnehmer weiter Flagge für stärkere europäische Strukturen.

Pulse of Europe: Kundgebung für mehr Europa - egal wie
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Als am Sonntag auf dem Heinrich-Heine-Platz vor dem Carsch-Haus Europaflaggen geschwungen wurden, hatte das symbolische Bedeutung. Die monatliche Kundgebung der „Pulse of Europe“-Initiative fand vor dem traditionsreichen Geschäft statt, dessen Inhaber Paul Carsch 1933 enteignet wurde, und der nur versteckt in Amsterdam den Holocaust überlebte. Ihm wurde die erste Rede gewidmet, um auf die Gefahren der nationalistischen Bewegungen aufmerksam zu machen, die in Europa erstarken.

Denn genau das ist das Ziel der proeuropäischen Initiative: Europäische Strukturen sollen gestärkt werden, um die Nationalisierung zu verhindern. Seit Anfang 2017 werden Kundgebungen in 180 Städten abgehalten, bei denen in Düsseldorf bis zu 2000 Menschen zusammenfanden. Dass sich die Besucherzahlen dieses Jahr immer nur im dreistelligen Bereich bewegen, und auch der Heinrich-Heine-Platz gestern nur halb gefüllt war, liegt laut Mitveranstalterin Joanne Windaus an einem fehlenden Anlass: „Letztes Jahr haben die Leute durch den Brexit gemerkt, dass die EU nicht selbstverständlich ist. Das bewegt sie auf die Straßen.“ Das erklärt für sie auch, warum vor allem 40-Jährige und ältere an den Kundgebungen teilnehmen: „Die jungen Menschen können sich ein Europa mit Grenzen gar nicht vorstellen und verstehen deshalb nicht, warum man dafür kämpfen müsste.“

Konkrete Forderungen, wie genau Europa funktionieren soll, gibt es dabei nicht. „Es ist erstmal wichtig, sich mit anderen Pro-Europäern zusammen zu schließen, um zu zeigen, das Europa auf jeden Fall besser ist als jeder Nationalismus“, rechtfertigt das der 16-jährige Till Fuhr: „So groß sind die Unterschiede dann doch nicht.“ Die meisten wollen nur mehr Mitbestimmung in Europa. Von den geforderten Reformen an die EU scheint das auch die konkreteste zu sein. „Die Europäer dürfen nicht weiter das Gefühl haben, dass ’Brüssel’ über sie hinweg entscheidet“, erklärt Joanne Windaus. Das hoffen auch die meisten der Teilnehmer. „Warum kann man denn bei einer EU-Wahl keine Europaparteien wählen, sondern nur die deutschen?“, plädiert Till daher für eine europäische Öffentlichkeit, bei der auch europäische Parteien entstehen können.

Nach dem aber genau diese Idee dieses Jahr im europäischen Parlament abgelehnt wurde, und auch die Düsseldorfer Pulse of Europe-Kundgebung es nicht schaffte, mit einem gut gefüllten Heinrich-Heine-Platz auf sich aufmerksam zu machen, wird es für die Anhänger schwierig, ihre Ideen politisch zu verwirklichen.

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