Prozess-Posse um Strom für einen Tee

Nachbar hatte Mieterin angezeigt, weil sie die gemeinschaftliche Steckdose im Flur benutzt hat. Der Schaden ist kaum messbar.

Prozess-Posse um Strom für einen Tee
Foto: Franziska Koark

Düsseldorf. Der Schaden ist kaum messbar. Weil sie sich eine Tasse Tee machen wollte, schloss eine Mieterin ein Verlängerungskabel an eine Steckdose im Hausflur an und nutzte damit den Gemeinschaftsanschluss. Ein Nachbar bemerkte das und rief die Polizei. Obwohl die 27-Jährige fünf Euro an die Hausverwaltung gezahlt hatte, landete sie als mutmaßliche „Stromdiebin“ auf der Anklagebank des Amtsgerichtes.

Weil es Probleme bei der Kommunikation mit der Arge gab, wurde der Mieterin am 11. September vergangenen Jahres der Strom in der Wohnung an der Posener Straße abgestellt. „Obwohl die Angelegenheit eigentlich längst geregelt war und einen Tag später wieder angeschaltet wurde“, erklärte ihr Rechtsanwalt. Um sich einen Tee zu machen, benutzte die 27-Jährige dann die Steckdose, die sich unmittelbar neben ihrer Wohnungstür befindet.

Ein Nachbar hatte schon morgens gesehen, dass ein Kabel unter der Fußmatte durch zu dem Gemeinschaftsanschluss gelegt wurde. Als der Groß- und Außenhandelskaufmann von der Arbeit zurück kam, machte er sich einige Mühe. Er rief den Vermieter sowie die Hausverwaltung an — und anschließend noch die Stadtwerke: „Dort wurde mir gesagt, ich sollte die Polizei rufen.“ Was der 35-Jährige dann auch tat. „Das ist für mich Unrecht“, erläuterte er dem Amtsrichter sein Motiv.

Die 27-Jährige war gleich am nächsten Tag bei der Hausverwaltung erschienen und hatte den Vorfall gemeldet. Dort wurden ihr für die Tasse Tee fünf Euro in Rechnung gestellt, damit war der Schaden mehr als wettgemacht. Trotzdem lief das Strafverfahren gegen sie noch weiter.

Der Richter machte deutlich, dass er erhebliche Zweifel hat, ob das von der Staatsanwaltschaft erkannte „öffentliche Interesse“ in diesem Fall wirklich vorliege. Zumal es fraglich ist, ob sich die Frau überhaupt strafbar gemacht hat. Wenn es zum Beispiel erlaubt sei, im Keller eine Bohrmaschine über die Gemeinschaftssteckdose anzuschließen, könne man auch den Betrieb eines Wasserkochers schwer verbieten. Da die Mieterin zudem nicht vorbestraft ist, wurde das Verfahren eingestellt. Auf Kosten der Staatskasse.

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