Düsseldorf Prostituierte ausgebeutet: Zehn Jahre Haft für "Sektenguru" Mohamed A.

In bundesweit bekannten Großbordellen wurden Frauen wie Sklavinnen ausgebeutet. Der Zuhälter inszenierte sich als „Gesandter“ und „Heiliger“. Das Gericht spricht von „abartigen“ Vorgängen.

Der selbsternannte Sektenguru Mohamed A. wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Der selbsternannte Sektenguru Mohamed A. wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Foto: Caroline Seidel

Düsseldorf. Als das Strafmaß verkündet wird, verliert Mohamed A. (30) für einen Moment seine äußere Gelassenheit. Mit offenem Mund dreht sich der Mann im dunkelblauen Sakko weg und stützt sich an der Tischkante auf. Derweil starren ihn mehrere Frauen von den Zuschauerbänken an, einige von ihnen brechen in Tränen und Schluchzen aus.

Düsseldorf: Prostituierte ausgebeutet: Zehn Jahre Haft für "Sektenguru" Mohamed A.
Foto: Andreas Bischof

Zehn Jahre Haft für den selbst ernannten Heiligen und Guru, acht Jahre für seinen Helfer Dennis B. (27) - das Düsseldorfer Landgericht verurteilt „die heiligen Zwei“ am Donnerstag wegen schweren Menschenhandels, Zuhälterei, gefährlicher Körperverletzung und Betrugs.

Der Vorsitzende Richter Guido Noltze spart nicht mit deutlichen Worten und bezeichnet die Geschehnisse als „abstoßend“ und „abartig“. Bis zu 18 Stunden am Tag mussten vier betroffene Frauen wie Sklavinnen in bekannten Großbordellen für das Duo anschaffen, den Freiern sämtliche Wünsche erfüllen.

Sie lebten völlig isoliert in ihren angemieteten Bordellzimmern, mussten sämtliche Einnahmen - gefordert waren bis zu 1500 Euro am Tag - an das Duo abtreten. Manchmal hatten sie monatelang keinen freien Tag.

Einer Frau hätten die Zuhälter „DH2“ („Die heiligen Zwei“) auf die Halsschlagader tätowieren lassen, „um sie wie ein Vieh mit einem Brandzeichen zu markieren“, schildert der Richter.

Immer mehr hätten die Zuhälter ihre suggestive Wirkung auf die Frauen gesteigert, dazu bizarre Rituale inszeniert. Die Frauen mussten demnach ihren Peiniger mit folgendem Spruch begrüßen: „Gesandter, darf ich dir meine Hingabe erweisen. Mein Körper ist dir. Danke, was du aus mir gemacht hast.“

Vor Gericht hatte das Duo zugegeben, sich die Masche mit der, so wörtlich, „Heiligen-Scheiße“ ausgedacht zu haben, um noch mehr Geld mit den Frauen zu verdienen. Dennis B. sei dabei zeitweise dem Haupttäter Mohamed A. selbst verfallen gewesen. Er habe sich sogar eine Fingerkuppe abgeschnitten, um den Frauen zu verdeutlichen, was ihnen bei mangelndem Körpereinsatz drohe.

Der Richter schildert ein perfides System, mit dem „ganz normale Frauen bürgerlicher Herkunft in einer schwierigen Lebensphase“ Opfer des Duos wurden. Zunächst wickelte sie der attraktive Bodybuilder-Typ Dennis B. als „Loverboy“ um den Finger, gaukelte ihnen die große Liebe vor. Dann nutzte er die psychische Abhängigkeit der verliebten Frauen, um sie mit möglichst hohen Privatdarlehen bei Banken zu verschulden.

Die vier Opfer wurden systematisch von Freunden und Familie isoliert, die Männer ließen ihre Handys verschwinden. Dann wurden die Frauen mit der Idee konfrontiert, die fälligen Kreditraten durch Prostitution abzustottern. Es folgten Beleidigungen, Druck sowie das Vortäuschen weiterer Notlagen, bis die Frauen sich schließlich bereiterklärten.

Waren die Zuhälter mit der Arbeitsleistung nicht zufrieden, wurden die Frauen nach den Schilderungen misshandelt, eine auf einem Waldparkplatz bewusstlos geschlagen. An Wochenenden blieben ihnen manchmal nur zwei Stunden Schlaf. Auch bei starken Schmerzen wurde ihnen der Arztbesuch verweigert.

Die beiden vorbestraften Männer entgingen am Donnerstag einer noch deutlich höheren Strafe - der Staatsanwalt hatte 13 und 9 Jahre Haft gefordert.

Die Polizei war dem Duo durch einen Streit zwischen einer der Frauen und ihrem Zuhälter auf die Schliche gekommen. Zwar hatte die Frau zunächst beteuert, freiwillig anzuschaffen, eine Telefonüberwachung vermittelte den Ermittlern dann aber einen ganz anderen Eindruck.

Die Männer waren schließlich in Köln und Stuttgart festgenommen worden. Gut 600 000 Euro beschlagnahmtes Vermögen bleiben bis auf Weiteres eingefroren, ordnete der Richter an. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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