Projekt: Holthausen aus der Anonymität holen

Der Medienkünstler Cornelius Schaper und die Stadtsoziologin Sabine Reimann veranstalten im Düsseldorfer Süden den „3TageRaum“.

Projekt: Holthausen aus der Anonymität holen
Foto: Thomas Frank

Düsseldorf. Grau ist der Himmel über dem Kamper Acker in Holthausen. Grau wie Holthausen selber. So würde der Satz weitergehen, wenn man gängige Bilder vom Stadtteil im südlichen Düsseldorf aufruft: Alkoholikertreff, von Verkehrswegen zerschnitten, gesichtslos. Doch so stimmt das nicht. Der große Asphaltplatz in der Mitte leuchtet bunt auf. Bemalt mit roten Kreisen, grüne Ringen, blauen Schleifen oder gelben Trapezen. Der Düsseldorfer Streetart-Künstler Klaus Klinger hat das ehemalige Regenauffangbecken im letzten Sommer zusammen mit Anwohnern in ein Bodenkunstwerk verwandelt.

Damals im Rahmen des „40 Grad Urban Art“-Festivals. Direkt daneben liegt ein Spielplatz mit Bänken. Auf der anderen Seite, unweit vom Henkel-Werk tummeln sich etliche Menschen an den Marktständen, schreiten in umliegende Läden oder kommen aus ihnen heraus. Straßenbahnen und Autos umfahren den Kamper Acker, um eine Bank versammeln sich Männer mit Bierpullen. Kein Zweifel: Hier pulsiert das Leben.

Nun findet auf dem Kamper Acker erneut ein Kunstprojekt statt. „3TageRaum“ nennt es sich, initiiert von Medienkünstler Cornelius Schaper und Stadtsoziologin Sabine Reimann. Zusammen mit Christine Brinkmann vom Zakk und Damien Haak vom „Edelweißpiraten-Festival“ haben sie einen roten Pavillon errichtet. Er dient drei Tage lang als Ort für mehrere Aktionen, an denen die Holthausener teilnehmen sollen. Die Organisatoren wollen von den „Einheimischen“ erfahren, welche Geschichten sie mit dem Stadtteil verbinden und welche Orte sie gerne aufsuchen.

Dazu gründen sie zum Beispiel ein Museum der mitgebrachten Dinge. „Es besteht erst einmal aus Vitrinen und weißen leeren Stelen, die wir bereitstellen. Wir hoffen, dass die Holthausener persönliche Dinge mitbringen, die sie mit dem Stadtteil verbinden, und dann ausstellen“, erklärt Schaper. Eine Schau von Bürgern für Bürgern.

Auch eine Stadtführung der etwas anderen Art ist geplant. Vor dem Pavillon haben die Veranstalter eine Stadtkarte von Holthausen aufgestellt. Die Besucher sollen darauf Orte einzeichnen, die für sie von besonderer Bedeutung sind. Aufgrund dieser „Insider-Tipps“ wollen Reimann und Schaper eine Stadtführung entwickeln, an der wiederum jeder teilnehmen kann.

Außerdem im Programm: Schneeballgeschichten. An einem interaktiven Video-Interview-Terminal hören Besucher drei Fragen zum Thema „Leben in Holthausen“, beantworten eine und nehmen eine nächste Frage auf. „Darüber soll sich über drei Tage ein zeitversetztes Interview zwischen den Menschen in Holthausen ergeben“, so Schaper.

Warum aber veranstalten der Künstler und die Soziologin den „3TageRaum“ in Holthausen? „Weil wir nicht viel über Holthausen wissen. Es gibt ja in Düsseldorf Stadtteile, mit denen man was verbindet. Flingern und Unterbilk gelten als relativ hip, Garath als ewiger Problembezirk und Oberkassel als Ort der Reichen und Schönen. Für Holthausen gibt es wenig solcher Zuschreibungen“, erläutert Schaper.

Mit ihrem partizipativen Kunstprojekt wollen die Initiatoren die Identifikationspunkte von Holthausen erkunden und sichtbar machen. Reimann und Schaper sind sich sicher, dass sie existieren. Warum sie bislang nicht aufgetaucht sind, führen die beiden auf zwei Gründe zurück: eine einseitige negative Medienberichterstattung und die Vernachlässigung Holthausens seitens der Politik zugunsten der Stadtmitte.

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