Düsseldorf Polizei: Rechte Hetze im Internet nimmt drastisch zu

Düsseldorfer Staatsschutz stellt Steigerung in den vergangenen Wochen fest. Beim LKA kämpft eine Task Force gegen die Schmähungen.

Düsseldorf: Polizei: Rechte Hetze im Internet nimmt drastisch zu
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Düsseldorf. In Zeiten des Flüchtlingsstroms und der Terrorangst, von Pegida und Dügida, ist rechte Polemik zunehmend zum Problem geworden. Und auch regelrechte Hetze vom rechten Rand. Besonders im Internet und im Schutz der Anonymität werden Menschen Unwahrheiten und Beleidigungen los. Laut Staatsschutz haben die Fälle auch in Düsseldorf in der jüngsten Vergangenheit stark zugenommen. Beim Landeskriminalamt (LKA) an der Völklinger Straße fahndet jetzt sogar eine Task Force nach den Tätern.

Düsseldorf: Polizei: Rechte Hetze im Internet nimmt drastisch zu
Foto: S. Lepke

„Insbesondere in den letzten Wochen stellen wir eine Steigerung von Beleidigungen und Bedrohungen zum Nachteil von Menschen fest, die sich öffentlich in der Flüchtlingsproblematik engagieren oder sich dazu äußern“, sagt Susanna Heusgen von der Düsseldorfer Polizei. Genaue Fallzahlen und Einzelheiten zu den Ermittlungen gibt der Staatsschutz im Präsidium allerdings nicht preis.

Vielfach kommen die Hinweise für die Düsseldorfer Ermittler jetzt von der neuen Task Force beim LKA. Seit Mitte Oktober sind dort 17 Spezialisten abgestellt, um Foren und soziale Netzwerke nach Hetze gegen Flüchtlinge, Ehrenamtler, Journalisten und Politiker zu durchsuchen. 105 Anzeigen haben sie seither erstattet, 40 Verdächtige ermittelt — davon stammen allerdings nur zehn aus NRW.

Der Sinn des Internet-Einsatztrupps ist klar: „Hass-Postings gegen Flüchtlinge haben einfach überhand genommen“, erklärt LKA-Sprecher Frank Scheulen. Und die Kontrolle fehle online. „Facebook etwa löscht lieber nackte Haut. Das ist bedauerlich“, sagt Scheulen. Die Spezialisten vom Staatsschutz des LKA, unterstützt von den Experten des Cybercrime-Kompetenzzentrums, das ebenfalls in Düsseldorf angesiedelt ist, suchen deshalb aktiv nach Fällen. „Wir sind neben Berlin die Einzigen in Deutschland, die das machen“, so Scheulen.

Was aus den Anzeigen geworden ist, kann er freilich nicht sagen. Neben der Anonymität des Internets ist auch die Überregionalität ein Problem. So hat etwa im November Niclas Ehrenberg, Jugendratsmitglied und Teilnehmer der Gegendemos von „Düsseldorf stellt sich quer“ (DSSQ), Anzeige gegen die Dügida-Anmelderin erstattet — wegen einer Beleidigung auf Facebook. Wegen ihres Wohnortes ist jetzt aber das Polizeipräsidium Bonn zuständig.

„Beleidigungen gegen unsere Teilnehmer hat es immer wieder gegeben“, bestätigt DSSQ-Organisator Oliver Ongaro. Auch er selbst sei von rechtsextremen Demonstranten gefilmt und das Video im Netz veröffentlicht worden. Ein Sozialarbeiter sei sogar im Anschluss an eine Gegendemo abgefangen und körperlich attackiert worden.

So weit kam es bei Jacqueline M. nicht. Die 31-Jährige erstattete Anfang des Jahres Anzeige, weil ein Dügida-Teilnehmer ein Bild ihres Klingelschildes samt Adresse veröffentlicht habe — andere Facebook-Nutzer hätten darunter Bilder von Baseballschlägern gepostet und einen Besuch angedroht. Wie Staatsanwalt Christoph Kumpa auf WZ-Anfrage mitteilt, wurde das Verfahren eingestellt, weil M. den Beschuldigten zuerst im Netz identifiziert und provoziert habe. Das will die 31-Jährige allerdings nicht hinnehmen: „Öffentlich zu Gewalt aufzurufen, ist ja wohl eine andere Qualität!“ Und dieser Post sei nach wie vor online. „Facebook unternimmt da nichts. Das Gefühl ist nicht angenehm.“

Dieses Gefühl kennt auch die Düsseldorfer Flüchtlingsbeauftragte Miriam Koch gut. „Ich bekomme immer wieder mal Kommentare in den sozialen Netzwerken und E-Mails“, berichtet sie. Nach einer Bedrohung fuhr auch mal ein paar Wochen die Polizei verstärkt Streife vor ihrem Haus — der Absender der anonymen Mail konnte nie ermittelt werden. Angst hat Koch aber nicht. „Mich hat nur erstaunt, dass sich manche Menschen in der Debatte gar nicht auf Fakten einlassen.“ Etwa einfach nicht glauben, dass die Kriminalität rund um Flüchtlingsheime nicht zunimmt.

Der Lärm sei in Düsseldorf besonders groß gewesen, als die Modulbauten für Flüchtlinge geplant wurden. „Aber in dem Moment, wo da Menschen einziehen und die Ängste sich nicht bewahrheiten, ist es erledigt“, hat Koch erlebt. Deshalb glaubt sie, dass die Hetze und Panikmache in der Stadt sich bald totläuft. Rund um ihre Person habe sie bereits „sehr nachgelassen“.

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