Platz 3 beim Gender-Award: Eine sehr passende Auszeichnung

Düsseldorf hat bei der Gleichstellung Fortschritte gemacht, am Ziel ist es aber noch lange nicht.

Platz 3 beim Gender-Award: Eine sehr passende Auszeichnung
Foto: Susanne Huebner

Da in diesen Tagen wenig ohne Fußball geht, ziehen wir zum Vergleich die WM 2006 heran, um zu erörtern, wo die Gleichstellung in Düsseldorf heute steht. Der deutsche Fußball kam 2006 aus einer tiefen Krise, die Nationalmannschaft spielte überraschend ein mitreißendes Turnier und wurde am Ende Dritter. Düsseldorf hat in dieser Woche beim bundesweiten Gender-Award Platz drei belegt - eine passende Parallele? Eine Analyse:

Politik Im Stadtrat sieht es nicht aus, als hätten wir das Jahr 2018. Das gilt für die erste Reihe des Gremiums genauso wie für die letzte. Frauen sind in den großen Fraktionen unterdurchschnittlich vertreten, außerdem spielen sie bei den entscheidenden Personen keine große Rolle. Mit dem Wechsel von FDP-Chefin Marie-Agnes Strack-Zimmermann nach Berlin hat der Stadtrat die letzte prägende Frau eingebüßt. Die bekannteste Frau der CDU ist die frühere Bezirksbürgermeisterin Sabine Schmidt, bei der SPD ist es die ehrenamtliche Bürgermeisterin Klaudia Zepuntke. Grüne und Linke sind in ihren Spitzen auch weiblich, allerdings lassen die männlichen Kollegen Angela Hebeler (Grüne) und Angelika Kraft-Dlangamandla (Linke) wenig Rampenlicht.

Rathaus-Spitze Auf der Dezernentenbank im Ratssaal sieht es dank jüngerer Personalentscheidungen besser aus. Dorothee Schneider und Cornelia Zuschke sind seit Ende 2015 und September 2016 Kämmerin und Planungsdezernentin der Landeshauptstadt. Und stehen für spürbare Veränderungen, Zuschke zum Beispiel bei der Entwicklung des Hauptbahnhof-Umfelds oder den Gaslaternen. Schneider hat in ihrer Amtszeit sowohl das große Loch als auch den großen Überschuss erlebt - in beiden Lagen hat sie gleich ruhig agiert. Selbst in den schweren Zeiten traf sie erstaunliche Entscheidungen. Während manch männlicher Vorgänger schon lange ausstehende Zahlungen optimistisch weiter auf der Einnahme-Seite mitrechnete, hat Schneider diese gestrichen und einen schönen Satz dazu gesagt: „Da kann man sich die Frage stellen, ob das nicht schon früher hätte ausgebucht werden müssen.“

Wirtschaft In den Unternehmen und Verbänden ergibt sich ein mittelmäßig gutes Bild, und eher im unteren Teil von mittelmäßig. Simone Bagel-Trah (Henkel) und Karin-Brigitte Göbel (Stadtsparkasse) sind seit einigen Jahren die bekanntesten Chefinnen. Inzwischen ist Unternehmerin Jutta Zülow als Vorsitzende der Unternehmerschaft hinzugekommen. Ansonsten aber sieht es so bitter aus wie im Stadtrat: Messe, Flughafen, Rheinbahn, Industrie- und Handelskammer, Handwerkskammer, Einzelhandel — bei keinem gibt es Frauen in Schlüsselpositionen.

Brauchtum Bei den Schützen gibt es zwei Phänomene zu beobachten: Den Dachverband führt seit einigen Jahren Britta Damm. Bei den Vereinen gibt es in vielen Stadtteilen Neuerungen zu beobachten: Gesellschaften ohne Uniform, mehr Internet-Aktivitäten, offensichtlicheres soziales Engagement und mehr. Selbst wenn man letzteres Phänomen nicht mit dem ersten direkt verknüpft, ist eine Sache wichtig: Britta Damm kommentiert die Entwicklungen öffentlich und versorgt die Vereine so mit Rückenwind. Und sie macht das authentisch, weil sie nicht jede Veränderung pauschal gut heißt. Bei der Diskussion um Pferde im Brauchtum positioniert sie sich zum Beispiel eindeutig bewahrend.

Damit unterscheiden sich die Schützen vom Winterbrauchtum. Der Vorstand des Comitee Düsseldorfer Carneval besteht aus 13 Männern und zwei Frauen. Die eine ist Schriftführerin, die andere Jugendbeauftragte. Eine noch klassischere Rollenverteilung ist schwer vorstellbar.

Gesellschaft Den Gender-Award hat Düsseldorf vor allem für die Arbeit des Gleichstellungsbüros erhalten. Das Team von Elisabeth Wilfart hat vom Tag der Vielseitigkeit bis zur EU-Tagung zur Häuslichen Gewalt viele Anstöße gegeben, die nun in der Gesellschaft wirken und zu Veränderungen führen müssen. Das das noch fehlt, zeigen die meisten gesellschaftlichen Ereignisse, zu denen eine dreistellige Personenzahl zusammenkommt. Dort dominieren die Farben Grau, Blau und Schwarz, Einreiher und Zweireiher.

Fazit Düsseldorf hat gute Fortschritte gemacht, ist aber noch nicht am Ziel - so wie die Nationalmannschaft beim Turnier im eigenen Land. Ein dritter Platz ist geradezu ideal, weil das Zwischenlob motiviert und ein Ziel bleibt. Und wir alle wissen, was acht Jahre nach der WM 2006 passiert ist.

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