Pat Metheny: Gitarrenvirtuose in der Düsseldorfer Tonhalle

Der Gitarrist spielte mit seinem Jazz-Ensemble in der Tonhalle. Und beschwört eine romantisch-melancholische Stimmung herauf.

Pat Metheny: Gitarrenvirtuose in der Düsseldorfer Tonhalle
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Wenn Musiker Pat Metheny zu seiner Mammut-Gitarre greift, ein kurioses Instrument mit mehreren kleinen Anbauten und insgesamt 42 Saiten, hat er sein eigenes Orchester sozusagen gleich dabei. Zwischen hellstem Diskant und dunkelstem Bass ist alles an Bord wie bei einer Kirchenorgel. Metheny wäre ein perfekter Alleinunterhalter. Doch bei seinem Auftritt in der Tonhalle hat er drei noch exzellente Mitstreiter auf dem Podium: eine Asiatin (Linda May Han Oh) am Bass sowie einen Pianisten (Gwilym Simcock) und einen Schlagzeuger (Antonio Sanchez).

Wenn der Wuschelkopf Metheny in die Saiten greift, bringt er einen ganzen Musikkosmos zum Klingen. Es mag Stücke in Methenys Oeuvre geben, die einander stark ähneln. Doch im Verlauf des zweieinhalbstündigen Abends ohne Pause offeriert der 1954 im mittelwestlichen US-Staat Missouri zur Welt gekommene Amerikaner die ganze Bandbreite seines Könnens. Das Konzert erweist sich als große Retrospektive. Aus seinem Kult-Album „Offramp“ erklingen gleich drei Stücke. Als letzte Zugabe beglückt er seine zahlreich erschienenen Fans mit dem sich lang entwickelnden Lied ohne Worte „Are You Going With Me?“

Die Musik weckt häufig romantische Assoziationen. Man mag an lange Landstraßen denken, die sich an Feldern entlang schlängeln beim warmen Licht eines sommerlichen Spätnachmittags. Die Stimmung gerät in die Schwebe zwischen Freude und Melancholie. Der deutsche Dichter Eduard Mörike hat diese spezifische Seelenverfassung einmal so formuliert: „Halb ist es Lust, halb ist es Klage.“

Pat Metheny kann aber auch sehr raubeinige Harmonien hervorbringen und sich im Bereich des förmlich austickenden Free Jazz tummeln. Für jede Gelegenheit hat der Gitarrist das passende Instrument zur Hand. Neben einem Set an akustischen Gitarren, die nur verstärkt werden, gibt es in der Sammlung auch eine E-Gitarre, die Metheny hoch und betörend aufheulen lässt wie die Sirenen des Odysseus.

Neben solchen Ekstasen findet Metheny immer wieder zurück auf den Boden lyrischer Melodik. Fröhlich und heiter sind manche Themen, zu denen Liedtexte passen würden. Doch gesungen wird hier nur auf dem Instrument. Ohnehin fallen nur wenige Worte. Metheny spielt unermüdlich ein Stück nach dem anderen. Immerhin stellt er seine drei Musiker vor, die ihre Sache perfekt machen. Pianist Simcock beherrscht das Keyboard ebenso souverän wie den Konzertflügel, Bassspielerin Linda May Han Oh baut nicht nur solide Fundamente, sondern kann auch hoch virtuos aufdrehen — wie Antonio Sanchez an den Drums.

Doch selbst geht es selbst an rasanten Stellen um mehr als um blanke Bravour und sportive Tempi. Im Vordergrund steht der Ausdruck von Lebensgefühlen. Das kommt beim Publikum bestens an. Zu lang wird den Fans der Abend keineswegs, auch wenn 150 Minuten Musik nonstop eine Herausforderung ans Nervenkostüm darstellen. Metheny und sein Trio lassen den Gästen kaum Atempausen und lassen das Programm abschnurren wie an einer Zündschnur - ein langes, opulentes Feuerwerk der Jazzmusik entlässt seine Hörer etwas erschöpft, aber auch sehr bereichert. PAT METHENY VITA Geboren 1954 in Lee’s Summit (Missouri), etablierte sich Pat Metheny ab Mitte der 70er Jahre als einer der einflussreichsten Jazzmusiker der Welt. Stilbildend wurde neben seinem eigenen Spiel auf verschiedenen akustischen und elektrischen Saiteninstrumenten auch seine Arbeit mit der Pat Metheny Group (1978-2005), mit der ihm ein eigenständiger Ensembleklang gelang. Zu Methenys Auszeichnungen gehören 20 Grammys.

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