OB Dirk Elbers: „Es geht nicht alles auf einmal“

Dirk Elbers spricht im Interview mit der WZ über Wohnungspolitik, Stadtentwicklung und Kö-Bogen.

Düsseldorf. In einer Reihe von Sommerinterviews suchen wir nach Antworten auf die wichtigsten politischen Fragen in Düsseldorf. Wir haben sie den Fraktionsspitzen der vier größten Parteien im Rat und Thomas Geisel, dem OB-Kandidaten der SPD, gestellt. Zum Abschluss der Serie haben wir Oberbürgermeister Dirk Elbers getroffen.

Sylt oder Mallorca?
Elbers:
Beides zu seiner Zeit.

Rhein oder Unterbacher See?
Elbers:
Ich liebe den Unterbacher See. Da kommen bei mir Heimatgefühle auf, da bin ich aufgewachsen. Andererseits ist es ein großes Glück, dass Düsseldorf am Rhein liegt.

Schwarz-Grün oder Schwarz-Rot:
Elbers:
Schwarz-Schwarz (lacht).

Mit wem sind Sie eigentlich bei der Opposition per Du.
Elbers:
Bei den Grünen sind es Iris Bellstedt, Wolfgang Scheffler und Norbert Czerwinski. Bei der SPD Helga Leibauer und Günter Wurm. Eine gewisse Sympathie muss vorhanden sein. Ich bin kein Schnell-Dutzer.

Wer den Stadtrat verfolgt, gewinnt allerdings den Eindruck, dass es dort mit der Sympathie nicht weit her ist.
Elbers:
Es gibt zwei, drei Leute, die die Stimmung anheizen. Aber das trifft nicht für den gesamten Rat zu. Man wird eben manchmal emotionaler, das gehört einfach dazu.

Rot-Grün kritisiert, dass sie als Ratsvorsitzender Äußerungen von Oppositionspolitikern kommentieren.
Elbers:
Ich kommentiere auch Äußerungen von Schwarz-Gelb.

Und wie stehen Sie zum ausgeprägten Lagerdenken?
Elbers:
Gelegentlich würde ich mir mehr Zusammenarbeit wünschen, im Sinne der Stadt.

Warum haben Sie sich den Ehrenhof als Ort für dieses Interview gewünscht?
Elbers:
Der Ehrenhof hat eine besondere Atmosphäre, aus diesem Ensemble und seiner Umgebung könnte man aber mehr machen. Alles lebendiger gestalten. Es soll Menschen anziehen, hier mehr Zeit zu verbringen. Ich kann mir auch einen Skulpturenpark oder Skulpturen-Walk vorstellen, der vom Ehrenhof, über Tonhalle, Kunstakademie, Kunsthalle und Oper bis zum Kö-Bogen führt, um diese Kunstachse zu betonen. Ich habe Spaß an solchen Dingen.

Ist die Erweiterung noch ein Thema?
Elbers:
Erst muss wie beim Aquazoo der Bestand in Ordnung gebracht werden. Erst dann kann man über Neubauten reden. Zunächst ist es mir wichtig, die Zukunft des NRW-Forums zu sichern mit einem guten Konzept mit dem Schwerpunkt Fotografie und Design, um diesen besonderen, solitären Charakter dieses Museums zu erhalten.

Ist damit auch die vorgeschlagene Verlängerung der Rheinuferpromenade erledigt?
Elbers:
Das verfolgen wir unabhängig davon und werden das in den nächsten Jahren angehen. Mein Gedanke ist, eine Art Deckel zu bauen, so dass man oben flanieren kann während unten die Autos parken.

Der verstorbene OB Joachim Erwin hatte angekündigt, dass nach Wehrhahn-Linie und Kö-Bogen eine Zeit der Ruhe einkehren sollte. Sehen Sie das auch so?
Elbers:
Man muss aufpassen, dass man die Bürger nicht überstrapaziert. Andererseits dürfen wir uns auch keinen Stillstand erlauben. Eine Stadt muss sich weiterentwickeln, deshalb müssen sich die Kräne drehen. Das erwarten die Menschen in den Stadtteilen und in der Innenstadt. Vor allem der Bereich von Kö-Bogen über Hauptbahnhof bis Quartier M muss weiter entwickelt werden. Da müssen wir sehen, wie wir mehr Wohnraum schaffen können, in welchen Höhen gebaut und wie der Einzelhandel belebt werden kann. Die Weiterentwicklung der Stadtteile hat für mich eine hohe Priorität.

Ist es nicht so, dass der Oberbilker Markt wie auch der Gerresheimer Bahnhof und der Hauptbahnhofsvorplatz zurückgestellt wurden, weil man sparen muss?
Elbers:
Seit ich OB bin, haben wir durch die Finanzkrise deutlich weniger Gewerbesteuereinnahmen. Das heißt, ich konnte nie ein Oberbürgermeister sein, der mit der Gießkanne durch die Stadt läuft und Geschenke verteilt. Aber: Der Oberbilker Markt, die Umbauten am Vorplatz Hauptbahnhof und Bahnhof Gerresheim werden kommen. Es geht eben nicht alles auf einmal.

Wann müsste die Schuldenfreiheit aufgegeben werden?
Elbers:
Gar nicht. Überall werden Schuldenbremsen eingezogen und wir sollen die Schuldenfreiheit aufgeben? Der Grund für die Finanzkrise ist ja, dass zu viele über ihre Verhältnisse gelebt haben.

Bleiben da nicht nötige Investitionen auf der Strecke, die durch Kredite mit niedrigen Zinsen finanziert werden könnten?
Elbers:
Es gibt weder rentierliche Schulden noch Wachstum auf Pump. Außerdem werden wir die Balance zwischen solidem Wirtschaften und Investitionen halten können.

Sorge macht auch die abgeschmolzene Rücklage.
Elbers:
Mein Ziel ist es, 2014 nicht in die Rücklage zu greifen. Im Gegenteil: Sie soll in Zukunft wieder wachsen.

Ihren Herausforderer von der SPD, Thomas Geisel, nennen Sie in Reden immer nur einen „Neuankömmling“. Warum meiden Sie seinen Namen?
Elbers:
Herr Geisel hat sich in seinen ersten Reden stets unter der Gürtellinie gegen mich persönlich geäußert. Dabei habe ich bis heute noch keine konkreten Vorschläge gehört, was er anders machen will . . .

. .. er fordert etwa eine andere Wohnungspolitik.
Elbers:
Bei allen großen Herausforderungen einer wachsenden Stadt funktioniert unser Wohnungsmarkt. Er ist günstiger als München, Hamburg und Köln — alles übrigens SPD-regierte Städte. Die Leerstandsquote liegt bei drei oder vier Prozent. Und bei der Quote für preisgedämpfte Mieten hat die SPD nicht mitgemacht. Dabei wird die Quote helfen, mehr preisgedämpften Wohnraum entstehen zu lassen.

Das könnte auch dadurch gelingen, dass mehr Wohnungen gebaut werden.
Elbers:
Kurz- und mittelfristig werden bis zu 13 000 Wohnungen gebaut. Andererseits kann man nicht alles zuplanen. In einigen Stadtteilen gibt es vielleicht noch Kapazitäten, aber wir können nicht alle freien Felder zubauen. Verdichtung in der Innenstadt geht vor Außenbebauung.

Stünden Sie denn für ein Fernsehduell mit Thomas Geisel bereit?
Elbers:
Ja, das gehört zum Wahlkampf dazu. 2008 habe ich das ja auch gemacht.

Was ist Ihnen an Ihrem Amt die größte Freude und was die größte Plage?
Elbers:
Es ist ein tolles Amt. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen. Man kann gestalten, Dinge voranbringen und kommt mit vielen Menschen zusammen. Eine Plage gibt es nicht, aber man arbeitet sieben Tage die Woche rund um die Uhr.

Was war Ihre größte Fehlleistung als OB, was die beste Entscheidung?
Elbers:
Ich will nicht von Fehlleistungen sprechen..Meine wichtigste Aufgabe war und ist es wohl, die Finanzen in Ordnung zu halten, damit wir weiterhin investieren können.

Hat Ihnen die IDR-Affäre schlaflose Nächte bereitet?
Elbers:
Nein.

Sie haben nicht das Gefühl, einen Fehler gemacht zu haben?
Elbers:
Ich habe die Überprüfung der IDR selbst in Auftrag gegeben, weil es Unregelmäßigkeiten gab. Was mich persönlich angeht, ist lediglich rausgekommen, dass ich drei Champagnerkisten im Zeitraum von drei Jahren bekommen haben soll.

Warum sagen Sie das so im Konjunktiv? Weil sie es nicht mehr wissen?
Elbers:
Nehmen Sie es, wie ich es gesagt habe.

Finden Sie, dass die Champagnerkisten ein angemessenes Weihnachtsgeschenk waren?
Elbers:
Aus heutiger Sicht sicherlich nicht. Die Zeiten haben sich geändert. Es ist heute nicht mehr akzeptabel. Mittlerweile schicken wir ja jede Tafel Schokolade zurück.

Eine Konsequenz sollte auch sein, das Vier-Augen-Prinzip bei der IDR konsequenter umzusetzen. So sollte ein zweiter Vorstand eingesetzt werden.
Elbers:
Das Problem ist, dass die IDR ein sehr kleines Unternehmen ist und ein zweiter Vorstand schwer zu rechtfertigen ist. Wir haben das noch nicht aufgegeben, aber im Moment ist keiner in Sicht.

Am Gustaf-Gründgens-Platz können Sie sich vorstellen, alle Baufelder freizulassen. Woher der Sinneswandel?
Elbers:
Ich konnte mir bis zuletzt nicht vorstellen, wie der Bereich nach dem Fall des Tausendfüßlers wirken würde. Wir haben ja alles nur auf den Plänen gesehen. Nun haben wir ein reales Bild. Diese Luftigkeit und Weite, die man jetzt dort erfahren kann, sollte erhalten bleiben — man sollte eine Schneise lassen, dass man das Schauspielhaus weiterhin sehen kann. Und zwar mehr sehen als nur erahnen. Wir haben nun die notwendige Zeit, darüber breit zu diskutieren. Mir war es wichtig, hierzu einen Impuls zu setzen.

Was soll aus dem Namen Jan-Wellem-Platz werden?
Elbers:
Er sollte erhalten bleiben. Vielleicht auf dem kleinen Platz, der auf der Schadowstraße entsteht. Blieben die Baufelder allerdings frei, hieße der Bereich wohl noch Gründgens-Platz. Nichts halte ich davon, den Marktplatz umzubenennen. Der Name ist historisch gewachsen.

Sie haben gesagt, dass es kein weiteres Wachstum des Flughafens geben wird, ohne dass die Anwohner einverstanden sind. Jetzt sind Sie trotz Protesten dafür, mehr Flüge über zwei Bahnen abzuwickeln.
Elbers:
Es ist ein vernünftiger Vorstoß. Ich glaube, dass es so weniger Starts und Landungen zu kritischen Uhrzeiten geben wird. Da haben auch die Anlieger etwas davon. Wichtig ist, der Angerlandvergleich wird dabei nicht angetastet.

Vervollständigen Sie bitte die drei folgenden Sätze. Ich bin mit 16 Jahren in die CDU eingetreten weil ...
Elbers:
. . . ich in der CDU mit ihren christlichen Wertevorstellungen meine Überzeugungen am ehesten umsetzen kann. Und wenn ich damals auch noch längere Haare hatte, war das kein Widerspruch.

Wenn ich einmal kein OB mehr bin, dann . . .
Elbers:
. . . denke ich drüber nach, was ich dann mache.

Wenn ich mir eine Sorte Alt aussuchen müsste, dann . . .
Elbers:
. . . würde ich in eines unserer wunderbaren Brauhäuser gehen. Aber ich trinke nicht nur gerne Bier, sondern auch sehr gerne Wein.

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