Norbert Diekmann ist der Tüftler der Feuerwehr

Und das bleibt der 60-jährige Düsseldorfer auch im Ruhestand. Seine größte Erfindung ist der flexible Schaum.

Düsseldorf. Februar 2006: Die Oldtimer-Halle des Autohändlers Michael Fröhlich steht lichterloh in Flammen, Schaden im zweistelligen Millionenbereich entsteht. Ein Kollege ruft Norbert Diekmann an. Der ist am Morgen nach seinem Geburtstag zu Hause, leicht verkatert. „Wir setzen deinen Schaum zum ersten Mal ein“, hört er nur, als er ans Telefon geht. Sofort sitzt Diekmann im Auto und lässt sich von seinem Sohn in die Luisenstraße fahren. Dort erlebt er mit, wie der Schaum, den er für die Feuerwehr erfunden hat, die fast unkontrollierbar lodernden Flammen erstickt — bis in den letzten Winkel der Halle.

Juni 2012: Norbert Diekmann sitzt auf der Terrasse seines Häuschens in Vennhausen. Er schaut auf gelbe Rosen und violette Hortensien, einen kleinen Teich und ein Gewächshaus, in dem Gurken und Tomaten wachsen. Doch viel Zeit verbringt der ehemalige Feuerwehrmann hier nicht. Obwohl er 60 und seit einem Vierteljahr in Ruhestand ist. In der ersten Etage hängt eine Stange für Klimmzüge. Im Keller ist seine Werkstatt. „Es hört nicht auf“, sagt Diekmann. „Ich habe gestern einen Vorsatz für meinen Schaumkopf für die Drehleiter gebaut.“

Norbert Diekmann war und ist der Erfinder bei der Düsseldorfer Feuerwehr. Nach einer Karriere als Elektroingenieur kam er 1980 zur Wehr. Weil das seine eigentliche Leidenschaft war. „Ich bin in meiner Familie die vierte Generation bei der Feuerwehr“, sagt der 60-Jährige lächelnd. Die fünfte gibt es auch: Sein Sohn (29) macht in Duisburg die Ausbildung zum Brandoberinspektor.

Ein Technikfreund war Norbert Diekmann schon immer. Doch der Erfindergeist brauchte Zunder — den bekam er 1995, als in Heerdt ein Recyclinglager in Flammen stand. Und die Feuerwehr Unmengen des herkömmlichen „schweren Schaums“ einsetzen musste, um das Feuer zu ersticken. „Da habe ich mir Gedanken gemacht, wie man Schaum effektiver machen kann.“

Von da an vergingen elf Jahre bis zum ersten Einsatz seines „Flexi Foams“ — des flexiblen Schaums. „Es ist ein zähes Geschäft“, meint der Ruheständler mit einem Schmunzeln. Es brauchte einen langen Atem, um den Traditionsverein Wehr von der Innovation zu überzeugen.

Inzwischen gehört der Schaum zur Standardausrüstung der Düsseldorfer Feuerwehr. Ebenso wie in Essen, Frankfurt und etwa 100 anderen Städten. Die absoluten Vorteile: Der Schaum kann um die Ecke fließen — also nicht nur einen Brand direkt hinter dem Fenster löschen, sondern auch Flammen im toten Winkel erreichen. Und er ist ergiebig. Konzentrat für schweren Schaum kann aus 100 Litern Wasser 800 bis 1000 Liter Schaum zaubern. Bei Diekmanns Mischung entstehen aus 100 Litern Wasser 30 000 Liter Schaum.

Immer interessanter wird Norbert Diekmanns Erfindung durch das steigende Umweltbewusstsein. Denn der Schaum minimiert den Rauch, der bei einem Löscheinsatz entsteht. Zudem filtert er den Russ aus dem Qualm — und verhindert so, dass Böden und Pflanzen im Umfeld kontaminiert werden. „Seit zehn Jahren arbeite ich an dem System — und jetzt entwickelt sich die Nachfrage langsam.“ Diekmann nimmt es mit Humor. Wie alles.

Und als Ansporn. Der Vorsatz, den er nun gerade erfunden hat, erlaubt es den Einsatzkräften, den Schaumkopf für den Flexi Foam an der Drehleiter zu befestigen und ihn auch in höherliegende Stockwerke zu fahren, um dort zu löschen. „Ich habe die Feuerwehr noch nicht losgelassen“, sagt der 60-Jährige. „Ich identifiziere mich einfach damit.“ Er will auch in Zukunft Schulungen auf den Wachen abhalten — und immer im Auge behalten, welche Technik seinen einstigen Kollegen noch fehlt, damit sie im Einsatz noch sicherer sind und schneller retten können.

Ob es bei der Feuerwehr einen jungen Tüftler gibt, der Diekmanns Platz einmal einnehmen könnte, weiß er nicht. „Mal sehen, was mein Sohn noch so macht“, meint er nur — und schmunzelt mal wieder. Der 29-Jährige zeigt immerhin ein bemerkenswertes Interesse an Technik . . .

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