Nichts für Weicheier - Mit dem Bus vom Rhein nach Moskau

WZ-Redakteur Dieter Sieckmeyer hat sich einiges zugemutet. Mit dem Bus ist er von Düsseldorf nach Moskau gefahren. Knapp zwei Tage dauerte die Reise durch Polen, Litauen und Lettland. Sein Fazit: Die Tour ist nichts für Weicheier.

Nichts für Weicheier - Mit dem Bus vom Rhein nach Moskau
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Düsseldorf. Zwischen Düsseldorf und seiner russischen Partnerstadt Moskau gibt es viele Verbindungen. Auch für den, der nicht gern ins Flugzeug steigt, Mit dem Zug und mit dem Auto hat WZ-Redakteur Dieter Sieckmeyer die Strecke schon hinter sich gebracht. Jetzt hat er die letzte große Herausforderung angenommen: Düsseldorfs wohl längste Busfahrt, von der Fernbus-Station am Hauptbahnhof bis zum Moskauer Busbahnhof im Osten der russischen Hauptstadt, knapp zwei Tage dauert die Fahrt, die touristisch nur bedingt zu empfehlen ist.

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Mit dem Zug hat es irgendwie diesmal nicht gepasst. Vier- oder fünf Mal umsteigen mit einer unfreiwilligen Übernachtung an der Grenze zwischen Polen und Weißrussland. Eher aus Neugier bin ich über die Angebote für Busfahrten nach Moskau gestolpert. Und tatsächlich: Das litauische Unternehmen Ecolines bietet wohl die längste Bus-Tour ab Düsseldorf an. Rund 2500 Kilometer lang ist die Strecke, die über Berlin, Warschau, Litauen und Lettland führt. Preislich ist die Fahrt mit 140 Euro kaum zu schlagen. Allerdings eine echte Aufgabe: Dienstag um 9.25 Uhr startet der Bus, zwei Tage später endet die Tour um 8 Uhr morgens in Moskau. Und dazu „gewinnt“ man noch eine Stunde durch die Zeitverschiebung.

Nichts für Weicheier - Mit dem Bus vom Rhein nach Moskau
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Mit leichter Verspätung geht es am Busbahnhof los. Etwa zur Hälfte gefüllt ist der Nightliner, fast alle sprechen Russisch, auch die Reiseleiterin. Ich hatte vermutet, dass Strapazen dieser Art fast nur von männlichen Reisenden auf sich genommen werden. Weit gefehlt. Damen sind sogar in der Überzahl, auch Familien mit Kindern machen es sich in dem Bus gemütlich, nachdem das Gepäck verstaut ist. Jedenfalls so gemütlich wie es geht.

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„Ich habe Zeit und es ist preiswert“, verrät die 71-jährige Elena, die ihre Tochter in Litauen besucht und die Tour schon mehrfach gebucht hat. Sie hat Strickzeug eingepackt und ist sicher, dass der Schal für die Enkelin bis zum Zielort fertig ist. Wahrscheinlich auch noch ein paar Handschuhe.

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Denn nichts hat der Bus-Tourist mehr als Zeit. Zumal die weite Reise im Schneckentempo beginnt. Ecolines fährt Haltestellen ab. Ob in Essen, Duisburg oder Bielefeld, überall werden noch Passagiere eingeladen. Vor jedem Stopp die Hoffnung, dass der Nebenplatz frei bleibt. Die Hoffnung stirbt in Berlin, denn von dort aus ist der Bus bis auf den letzten Platz gefüllt. Es wird eng, was die Stimmung erheblich dämpft. Denn zum Schlafen sind die ansonsten recht bequemen Sitze nur sehr bedingt tauglich. Dazu herrscht im Bus auch absolutes Alkoholverbot, so dass auch der Schlummertrunk ausfallen muss. Immerhin fallen mir zwischendurch immer mal wieder die Augen zu.

In Warschau steigt ein großer Teil der Fahrgäste aus, die Dame neben mir findet einen anderen Platz. Wer großen Wert auf die Morgentoilette legt, muss im Bus Abstriche machen. Die Toilette hat etwa die Qualität wie in einem Reisezug und ist für die große Wäsche nicht geeignet.

Mittags um 14 Uhr heißt die Station Kaunas in Litauen, eine Stunde dauert hier der Aufenthalt zum Umsteigen. Ich nutze die Pause und mache einen kurzen Spaziergang durch die malerische Altstadt. Kaunas mit seiner alten Burg hätte einige mehr Zeit verdient. Kommt auf die Liste der Städte, die man sich noch einmal länger ansehen könnte. Für mich ist das Highlight von Kaunas allerdings eine von innen abschließbare Komfort-Toilette in einem Restaurant. Rasieren, Zähneputzen, Grundwäsche, schließlich steht die zweite Nacht im Bus noch bevor.

In Kaunas wird der Bus gewechselt, und danach wegen eines technischen Defekts in Lettland noch einmal. Was ich fast verpasst hätte, weil ich die russische Reiseleiterin nicht richtig verstand. Als ich vom Kaffeetrinken komme, liegen Koffer und Gitarre einsam vor dem alten Bus, alle anderen Fahrgäste sind weg. Um ein Haar wäre die Reise in Lettland für mich beendet gewesen.

Was dann folgt, ist touristisch nur noch wenig interessant. Denn die Fahrt von Lettland nach Russland geht durch die Nacht, zu sehen gibt es nichts. Das Schlafen wird durch die schlechten Straßen zusätzlich erschwert. Immer wieder werde ich wachgeschüttelt.

Zum Frühstück gibt es einen leidlich genießbaren Kaffee und einen mit der Mikrowelle aufgeheizten Hamburger. Der ist deutlich weniger genießbar. Das Ziel in Moskau wird sogar 30 Minuten früher als geplant erreicht. Ich atme auf. Und die Rückfahrt findet wieder mit dem Zug statt. Diese (Tor)-Tour bleibt einmalig.

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