Nicht mal Meister der Herzen

In der Altstadt waren am Samstag fast alle Dortmunder. Den Schalkern gönnt kaum jemand den Titel. Und Fortuna steht trotz allem hoch im Kurs.

Düsseldorf. Angespannte Ruhe herrscht auf der Bergerstraße. Trauben von Männern stehen vor der Diebels-Sportbar, versperren nahezu komplett den Durchgang. Es ist 15.30 Uhr - Bundesliga-Zeit. "So voll ist es hier sonst nicht", erklärt kurz und knapp Dieter Höhner (62), der hier fast jeden Samstag die Bundesliga verfolgt. "Das ist nur wegen Schalke und Dortmund, und weil es um die Meisterschaft geht."

Gestört werden möchten die Herren der Schöpfung nun gar nicht, nur ganz vereinzelt lassen sich einige weibliche Fans in der Menge ausmachen. Selbst der Kellner muss zweimal nach der Bestellung fragen, so hochkonzentriert starrt die Fußballgemeinde auf die TV-Geräte.

Hiltrud Hölscher aus Mönchengladbach hatte sich den Ausflug nach Düsseldorf anders vorgestellt.

Draußen macht sich derweil Unmut in einer Frauengruppe breit. Die vier Damen waren gemeinsam mit ihren Gatten unterwegs, um Düsseldorfs Brauereien näher zu erkunden. "Dass die jetzt hier beim Fußball hängen bleiben, war nicht abgemacht", ärgert sich Hiltrud Hölscher (57) aus Mönchengladbach, und ihre drei Geschlechtsgenossinen nicken zustimmend. Doch sie hadern nicht lange mit ihrem Schicksal und entscheiden, sich in der Nähe zum Kaffee niederzulassen.

Gerade als sie sich voll Unverständnis abwenden, ertönt zum ersten Mal ein kollektives Gebrülle: Bochum schießt in der 4. Minute das erste Tor gegen Stuttgart. Als kurz vor der Pause Dortmund das erste Tor gegen Schalke schafft, ist die Laune bestens in Düsseldorfs Fußballkneipen.

In der Halbzeitpause sind die Herren deutlich gesprächiger. Auch im Füchschen an der Ratinger Straße gibt es Bundesliga beim Bier. "Ja, ich bin Schalke-Fan. Meine Frau hält mich deswegen auch für verrückt", gesteht Dirk Wieczorek (42) aus Velbert etwas kleinlaut. Auch hier herrschen die Symapthien an diesem Nachmittag ganz offensichtlich für viele Vereine und Dortmund - aber nicht für Schalke.

Wieczorek ist an diesem Nachmittag mit seinem Kollegen Holger Vossbeck (51) unterwegs und dieser ist erklärter Dortmund-Fan, was er deutlich selbstbewusster und lauter erzählt. Als Düsseldorfer hege er natürlich auch nach wie vor für die Fortuna Sympathien.

Die Niederlage der Düsseldorfer gegen St. Pauli kümmert kaum mehr jemanden - die Düsseldorfer haben die Saison abgehakt und sind ihrem Schicksal gegenüber mittlerweile gefühllos. Was nicht heißt, dass der Fortuna nicht die Treue gehalten würde. Denn Dortmund sei ein ebenso schlecht geführter Verein wie Schalke.

Robert Langen

"Schalke ist ja noch etwas besser dran", meint Stephan Alker (39). Daher ist die Losung klar: "Wir stehen zu Fortuna, haben Jahreskarten. Auch mein Sohn ist schon voll Fortuna-Fan. Was anderes kommt bei uns nicht in Frage", verrät Andre Mohr (34).

Im Louisiana an der Bolkerstraße wird das Fußball-Treiben ganz gediegen wie in den Lounges der Stadien verfolgt. "Wir wollen nicht, dass Schalke Meister wird, schon aus Prinzip. Ich habe eine lebenslange Abneigung gegen Schalke", so das Statement von Roger Langen (39), ebenfalls Düsseldorfer.

Im Irish Pub O´Reillys am Rathaus kann man eine der wenigen Frauen ausmachen, die im Fußballfieber sind. Und sie drückt ihre Daumen sogar selbstbewußt für Schalke: "Schalke hat dreimal hintereinander verloren und dann auch noch so leichte Spiele wie gegen Leverkusen", erklärt Antje Malinowski (45). "Dass sie jetzt hier gegen Dortmund verlieren, ist bitter!"

Es ist 17.20 Uhr, die Spiele sind aus, die Trauben vor den Fußballkneipen lösen sich schnell auf. "We are the champions", dröhnt es schrill und schräg aus der Red Lounge am Carlsplatz - gewonnen haben an diesem Samstag die Stuttgarter und in Düsseldorf vor allem die Gastronomen.

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