Neue Hells Angels: Türkische Rocker haben in der Altstadt das Sagen

Alte Riege der Gruppe hat sich zurückgezogen. Türkische Rocker haben die Kontrolle übernommen.

Neue Hells Angels: Türkische Rocker haben in der Altstadt das Sagen
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Viele Jahre herrschte eine Art Burgfrieden in der Altstadt. Die Hells Angels waren da, machten ihre Geschäfte, aber keinen Ärger. Die Schießerei vor dem Lion Club am Neujahrsmorgen hat deutlich gemacht, dass sich die Lage grundsätzlich verändert hat. Denn die alten Hells Angels haben sich zurückgezogen. Inzwischen haben vor allem türkischstämmige „Engel“ das Kommando übernommen.

Neue Hells Angels: Türkische Rocker haben in der Altstadt das Sagen
Foto: Melanie Zanin

„Die Szene ist unberechenbar geworden“, sagt Staatsanwalt Christoph Kumpa, der viele Jahre lang für organisierte Kriminalität zuständig war und die Entwicklung der Rocker-Gruppen beobachtet hat. „Die alten Mitglieder haben einen Ehrenkodex, auch was den Umgang mit der Polizei angeht“, so Kumpa. Die türkischen Hells Angels seien gegenüber Behörden erheblich aggressiver.

Auseinandersetzungen hatte es schon seit den 80er Jahren gegeben. Damals lieferten sich der Clan und die Prediger einen erbitterten Rockerkrieg. Nach einer Schießerei auf der Rather Kirmes mit zwei Schwerverletzten lösten sich die Prediger auf. Die Rocker schlossen sich schließlich zu den Bones zusammen, die ein großes Gelände am Vogelsanger Weg hatten. Das wurde 1999 im Rahmen einer großen Razzia „stillgelegt“.

Aus den Bones ging schließlich das Chapter Midland der Hells Angels hervor. Nach dem Vereinsverbot wichen die Mitglieder in verschiedene andere Städte aus. In der Altstadt waren sie „geschäftlich“ weiter in Gastronomie und Türsteher-Szene aktiv. Allerdings ohne Straftaten zu begehen.

Als Türsteher wurden sehr viele Türken eingesetzt, die sich aber mit dieser Rolle nicht auf Dauer zufrieden geben, sondern vollwertige Hells Angels werden wollten. Kumpa: „Wir haben mitbekommen, dass es da Auseinandersetzungen gab.“

Im Dezember fand in Izmir ein Treffen statt, bei dem die Chapter-Chefs der Hells Angels aus der ganzen Welt versammelt waren. Dort sollen die türkischen Rocker mit Kutten erschienen sein — und dazu ihren Segen bekommen haben. Die „alten“ Angels sind seitdem offenbar nur noch Randfiguren in der Altstadt und tragen T-Shirts mit der Aufschrift „Brotherhood“ (Bruderschaft).

Arnold Plickert, Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, sieht die Entwicklung mit Unbehagen: „Wir hatten innerhalb von 24 Stunden in Oberhausen und Düsseldorf zwei Ermittlungen wegen versuchten Tötungsdelikten.“

Seit Jahren werden die Rocker intensiv beobachtet: „Bei jedem Grillfest und jeder Ausfahrt.“ Dadurch seien erhebliche Personendaten gesammelt worden: „In NRW darf es keinen rechtsfreien Raum geben.“

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