Netzwerk hilft beim Start ins neue Leben

Erste Flüchtlinge absolvieren Praktika, nur wenige haben einen Job. Nun nimmt eine Task Force die Arbeit auf, um die Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern.

Netzwerk hilft beim Start ins neue Leben
Foto: Sergej Lepke

Düsseldorf. Keine sechs Monate ist es her, dass Nour Arabo einen Sprachkurs begann. Er spricht langsam, aber deutlich, versteht jede Frage und ist sichtlich stolz, auf jede einzelne eine Antwort parat zu haben. Der 23-jährige Syrer flüchtete 2014 aus seinem Heimatdorf nahe Aleppo. „Ich habe einige Monate Jura studiert, aber dann mein Studium abgebrochen. Ich wollte mein Studium nicht fertig machen. Denn dann hätte mich das Militär geholt und ich hätte in den Krieg gehen müssen“, sagt er. Die Flucht sei seine einzige Chance gewesen. „Mein Vater verlor seine Arbeit. Wir alle verloren unsere Zukunft.“

Heute, knapp eineinhalb Jahre nach seiner Ankunft in Deutschland, hat Nour Arabo wieder eine Perspektive. „Ich möchte eine Ausbildung in der Arbeitsagentur machen“, sagt er. „Ich will leben und arbeiten in Deutschland.“

Nour Arabo ist einer von 15 Flüchtlingen, die durch den sogenannten Integration Point der Agentur für Arbeit erfolgreich in ein Praktikum vermittelt wurden. Der Integration Point ist die zentrale Anlaufstelle für Flüchtlinge mit Bleiberechtsperspektive und Wohnsitz in Düsseldorf. Zunächst werden dort die Identität und der Aufenthaltsstatus festgestellt sowie Sprachkenntnisse und Qualifikationen abgefragt.

Um die Chancen der Flüchtlinge auf einen Job zu verbessern, hat sich nun das Netzwerk „Flüchtlinge und Arbeitsmarktintegration“ gebildet. Wohlfahrtsverbände, IHK, Handwerkskammer und Stadt unterstützen das Angebot des Integration Points, indem sie Sprachkurse, Praktika oder Qualifizierungsprogramme anbieten.

Von den rund 5500 zurzeit in Düsseldorf untergebrachten Flüchtlingen haben sich bereits 4300 an den Integration Point gewandt. „Dabei ist herausgekommen, dass sich jeweils ein Drittel der Befragten als Spezialisten, Fachkräfte und Helfer bezeichnen. Nach unserem sogenannten Profiling kam jedoch heraus, dass 85 Prozent der Befragten lediglich als Helfer eingestuft werden können“, erläutert Roland Schüßler, Vorsitzender der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Düsseldorf. Diese Menschen müssten qualifiziert werden, um eine Jobperspektive zu haben. „Für diese 85 Prozent an Helfern gibt es schlichtweg keine Arbeitsplätze. Der Weg zur beruflichen Integration führt nur über Spracherwerb und Qualifikation“, sagt Michael Grütering, Hauptgeschäftsführer der Düsseldorfer Arbeitgeberverbände. Vier bis zehn Jahre werde es dauern, bis dies gelinge. „Es wird viel Zeit und Geld kosten. Aber es wird gelingen.“

Besonders Elektriker- und IT-Azubis hätten beste Jobchancen. „Bis 2030 werden bundesweit sechs Millionen Stellen unbesetzt sein. Ziel ist es, einen Teil auch durch qualifizierte Flüchtlinge zu besetzen“, sagt Grütering.

Um den Erwerb von sprachlichen und beruflichen Kompetenzen zu beschleunigen, wird ab März ein neues Modell getestet: „Wir wollen die Dinge miteinander kombinieren. Morgens wird der Sprachkurs besucht, nachmittags ein Betrieb“, erläutert Peter Wege, Sprecher der Agentur für Arbeit.

Nour Arabo hat Anfang Februar ein Praktikum in der Agentur für Arbeit begonnen. „Es gefällt mir sehr gut. Ich hoffe, dass auch andere diese Chance bekommen.“

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