Nabilas Traum: Mode für afghanische Frauen entwerfen

Als Kind musste Nabila Mangal mit ihrer Familie aus Afghanistan flüchten. Am Freitagabend zeigt sie in der Nachtresidenz ihre erste Kollektion.

Düsseldorf. Nabila Mangal ist modebewusst, das sieht man auf den ersten Blick: Vom schwarzen Minikleid bis zum dunkelgrauen Nagellack — alles passt perfekt zusammen. In ihrer Heimat Afghanistan könnte sie in diesem Outfit nicht auf die Straße gehen. „Zu gefährlich“, sagt die 21-Jährige. Die meisten afghanischen Frauen tragen in der Öffentlichkeit einen Ganzkörperschleier, die Burka.

Nabila Mangal verhüllt sich nicht. Sie studiert im dritten Semester International Fashion-Design am Fashion Design Institut an der Harkortstraße. Am Freitagabend feiert sie ihren ersten großen Erfolg: In der Nachtresidenz zeigt Nabila Mangal beim German Fashion Design Award ihre eigene Kollektion.

Aus 172 Bewerbern aus ganz Deutschland ist die Studentin ausgewählt worden. „Im Dezember kam die gute Nachricht“, sagt Mangal. Seitdem sitzt sie fast täglich an ihrer Nähmaschine. „Sieben Stücke müssen wir entwerfen. Das ist eine Herausforderung.“ Selbst einen Tag vor dem großen Auftritt ist noch nicht alles fertig. Die zierliche, 1,57 Meter große Studentin läuft aufgeregt durch das Atelier im Fashion Institut. Ihre langen schwarzen Haare wippen hektisch hin und her: Druckknöpfe fehlen noch, der Kragen an einem Kleid sitzt nicht perfekt. „Trash-Couture“ — so hat sie ihre erste Kollektion genannt, die aus Stoffresten und gebrauchtem Zeitungspapier besteht. „Wir werfen so viel weg. Ich wollte etwas sinnvoll recyceln.“

Die Eltern sind sehr stolz auf die jüngste Tochter. 1994 flüchteten sie mit ihren drei Kindern aus Afghanistan. Nabila war damals fünf Jahre alt. „Ich kann mich an nichts erinnern“, erzählt sie. Nach der Flucht war sie nie wieder in ihrem Heimatland. Ihre Mutter engagierte sich in der Frauenbewegung, auch ihr Vater war politisch aktiv. Das Risiko sei zu hoch gewesen. Erzählungen sind das Einzige, was ihr aus dem Geburtsland geblieben ist. Sie ist in Deutschland aufgewachsen, hier fühlt sie sich auch zu Hause.

Wenn man sie fragt, ob ihre Eltern mit dem Modedesignstudium einverstanden waren, lächelt sie nur: „Warum denn nicht?“ Ihre Mutter habe früher in Afghanistan auch kurze Kleider und Röcke getragen. Erst vor etwa 20 Jahren hätten die Taliban Frauen zum Tragen einer Burka verpflichtet. Nur den grauen Nagellack, den sie selbst heute trägt, durfte ihre Mutter auch damals nicht benutzen. „Vor der Schule gab es für Mädchen eine Fingerkontrolle. Nagellack war verboten. Absurd, oder?“, sagt Nabila Mangal und lacht wieder.

Wenn am Freitagabend der Vorhang aufgeht und das erste Model mit Nabilas Kleid auf den Laufsteg tritt, sitzt ihre Familie in der ersten Reihe. „Mein Herz pocht bestimmt ganz laut“, sagt die quirlige 21-Jährige. Die vergangenen Wochen haben ihr endgültig klar gemacht: „Modedesign ist das Richtige für mich.“ Ihr größter Traum ist, dass irgendwann einmal auch afghanische Frauen ihre Kleider tragen.

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