Mode in Düsseldorf: Liebestrank in süffigen Farben

Sebastian Ellrich stattet für die Oper „L’Elisir d’Amore“ aus und etabliert sein eigenes Mode-Label.

Mode in Düsseldorf: Liebestrank in süffigen Farben
Foto: Judith Michaelis

Düsseldorf. Bauernhochzeit. Auftritt der kunterbunten Festgesellschaft. „Mit dem passenden schlechtem Geschmack“, erklärt Sebastian Ellrich mit einem Augenzwinkern seine Kostüme für „L’Elisir d’Amore“. Besonders für das Finale des Liebestranks im 2. Akt schimmern die Gewänder in sämtlichen süffigen Regenbogenfarben. Hier eine Rüsche oder Raffung, dort eine Stoffblume oder ein mit Glitzersteinen besetzter Wasserfallkragen. Nicht nur die Hochzeitsgesellschaft verspricht Konfetti für die Augen. Ellrich: „Dazu werden bunte Getränke serviert.“

Gaetano Donizettis komische Oper hat am 30. Januar Premiere in der Deutschen Oper am Rhein. Regie führt Joan Anton Rechi, der schon „Die Csárdásfürstin“ so herrlich humorvoll in Szene setzte. Auch für deren feine Gesellschaft schuf Ellrich die Kostüme, allerdings angelehnt an die heutige Zeit. Da trägt die Fürstin einen schwarzen Trenchcoat statt weißen Pelz. Das Ballett wedelt mit Fächern aus Straußenfedern.

„Die Csárdásfürstin hat mich zu meiner petrolfarbenen Kollektion inspiriert“, erzählt der Kostümbildner, der seit 2011 auch sein eigenes Mode-Label etabliert. Der Unterschied zwischen der Kostümschneiderei für die Bühne und dem Modemachen für den Catwalk? Ganz einfach, meint Ellrich: Für die Oper ist das Thema vorgegeben, bei der eigenen Kollektion kann er es frei wählen. Und: Theater ist aufwändiger. Alles Handwerk, da gibt’s noch Schneider, Hut- und Schuhmacher, Rüstmeister, „eben echte Couture“.

Die Kostüme müssen auf Maß gemacht, aber auch pflegeleicht und änderungsfreundlich sein und sich bei einer spontanen Umbesetzung problemlos anpassen lassen mittels Nahtzugaben in der Mitte oder Ärmeln, die man „herauslassen“ kann. Strapazierfähigkeit ist genauso wichtig wie Pflegeleichtigkeit. Deshalb werden meist Mischgewebe verarbeitet.

Für die komische Opern-Gesellschaft mit dem schlechtem Geschmack auch wird auch Lurex verarbeitet, und Jersey, dieses sperrige Gewebe, das Pölsterchen nicht kaschiert, sondern hervorhebt. Ellrich räumt ein: „Es darf natürlich nicht entstellen.“ Eingekleidet werden nicht nur die Solisten, auch Statisten und Haus-Chor. Für Donizettis Liebestrank kommen etwa 150 Personen auf die Bühne.

Das Nähen hat der 1984 in Magdeburg geborene Modemacher schon als kleiner Junge von seiner Großmutter gelernt, einer Schneiderin. Die Ästhetik, die er für sich in Anspruch nimmt, entstand in Ostdeutschland auch aus einer Kreativität des Mangels. Nach dem Abitur ging’s direkt ans Theater, für zwei Monate in die Herrenschneiderei. Kostümbildner engagierten ihn als Assistenten - und danach hat ihn die Bühne nicht mehr losgelassen.

Noch nicht mal privat. Inzwischen ist Ellrich auch mit einer Kollegin verheiratet. Seit 2004 arbeitet er für Theater- und Operninszenierungen, unter anderem in Köln, München, Leipzig, Dortmund, in Düsseldorf auch schon fürs Apollo-Theater, daneben als Maßschneider für Moderatoren, Sänger und Schauspieler. 2011 präsentierte er sein Pret-à-Porter-Label auf der Berliner Fashion Week.

Ellrichs Verkaufsbüro ist in Düsseldorf. Was ihn fasziniert, ist der Schnitt, der durch die Stadt geht: „Auf der einen Seite das eitle Kö-Geschehen und auf der anderen Seite gleich die junge, oft extrem hoch-chemische Billig-Mode in der Altstadt.“ Er selbst setzt auf Nachhaltigkeit, lässt ausschließlich in Italien und Polen produzieren und arbeitet mit einheimischen Materialien, zum Beispiel mit Plauener Spitze.

Ihm ist bewusst, dass Talent oder eine Idee nicht ausreichen: „Mode muss immer mit dem Zeitgeschehen verknüpft sein.“ Sein persönliches Lieblingsteil? „Ein Kaschmir-Rolli von Strenesse.“ Den trägt er zu schwarzen Cavalli-Hosen. Und welche Oper möchte er noch mal ausstatten? Da seufzt Ellrich: „Ich höre nicht auf, bevor ich die Traviata ausgestattet habe.“

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