Düsseldorf Mittelstand verschläft Digitalisierung

Stadtsparkasse stellt regionale Studie zum Umgang mit radikalen Innovationen vor: Viele Firmen lehnen sich zu bequem zurück.

Düsseldorf: Mittelstand verschläft Digitalisierung
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Düsseldorf. Hat sich die mittelständische Wirtschaft im Großraum Düsseldorf in ihrem Erfolg behaglich eingerichtet? Haben viele Unternehmen das Thema Digitalisierung zu wenig im Blick? „Ja“ lautet die Antwort, die eine neue Studie des Bonner Instituts für Mittelstandsforschung gibt. Und auch Karin-Brigitte Göbel, die Vorstandsvorsitzende der Stadtsparkasse, Auftraggeber der Studie, teilt solche Bedenken: „Das Potenzial der neuen Technologie fürs eigene Unternehmen wird viel zu selten erkannt.“

Düsseldorf: Mittelstand verschläft Digitalisierung
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Ihre „Ausgangsangst“ vor Vergabe der Studie mit dem Titel „Disruptive Innovationen“ (wobei mit disruptiv radikal marktverändernd, ältere Produkte oder Verfahren verdrängende Prozesse gemeint sind), sei die um den Erhalt der hiesigen Arbeitsplätze gewesen, sagt Göbel. Die Ergebnisse der Befragung von 327 Unternehmen mit repräsentativem Branchenmix belegen die bemerkenswerte Zurückhaltung beim seit Jahren allgegenwärtigen Thema Digitalisierung. So sagen nur 17 Prozent der Firmen, dass ihr Geschäftsmodell ohne digitale Technologien nicht denkbar sei. Aber über 70 Prozent glauben, dass „digital“ keinen entscheidenden Einfluss auf den Erfolg hat: „Diese Dimensionen haben uns überrascht“, gesteht Göbel.

Weniger überraschend ist, dass dies vor allem für den produzierenden Sektor gilt, wo 42 Prozent angeben, digitale Technologien hätten keine Bedeutung für sie (im Vertrieb sagen das nur noch neun Prozent). Auch beim Thema Internet hat die Studie Bemerkenswertes zu Tage gefördert: Mehr als 90 Prozent der Unternehmen haben einen eigenen Online-Auftritt, sicher. Aber bei der Frage nach Online-Shop (23,7 Prozent), Kooperation mit Vergleichs- (13,3) oder Verkaufsplattformen (13,1) gehen die Ja-Quoten drastisch runter. „Da verschenken viele Umsätze und Erträge“, meint die Stadtsparkassen-Chefin. Denn dass Internet und digitale Medien den Wettbewerb und das Preisbewusstsein (wer bucht heute noch eine Reise ohne Vergleichsportal?) enorm verschärft haben, das wissen auch die allermeisten Mittelständler — zu wenig ziehen freilich Konsequenzen daraus. Ähnliches zeigen die Zahlen im Hinblick auf die Überprüfung des eigenen Geschäftsmodells. Man schaut schon hin, fragt auch seine Kunden, aber man macht daraus relativ wenig. Die große Mehrheit, egal in welchem Wirtschaftssektor, ist von der eigenen Zukunftsfähigkeit voll überzeugt. Göbel nennt dieses Nicht-Hinterfragen der eigenen Grundlagen in Zeiten des Erfolgs (und guter Konjunktur) und auch das möglichst lange Hinauszögern grundlegender Neuausrichtungen „menschlich“ — aber eben auch gefährlich.

Auch deshalb hat die Stadtsparkasse ihren Mittelstandstag unter das Motto „Breaking Business — Regeln brechen, Erfolge sichern“ gestellt. Klar werden soll ihren Kunden, den Unternehmen, dass die Digitalisierung ein Chef-Thema sei, das gelte auch für das Kreditinstitut selbst. Göbel: „Gerade bei Innovationen ist auch eine neue Unternehmenskultur notwendig, dazu gehört vor allem, auch Fehler zuzulassen.“

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