Mit dem Finanz-Führerschein gegen die Schuldenfalle

Immer mehr junge Menschen haben Geldprobleme. Deshalb behandelt die Heine-Gesamtschule das Thema jetzt auch im Unterricht.

Düsseldorf. Sarah Bechert wedelt stolz mit der kleinen Karte. Sie hat den Finanzführerschein bestanden. „In meinem Alter macht man sich über Geld wenig Gedanken. Die Eltern bezahlen ja alles“, sagt die 17-Jährige. „Ich finde es aber gut, dass wir jetzt im Unterricht gelernt haben, wie schnell es passieren kann, dass man Schulden hat.“

In der Tat schnappt die Schuldenfalle in Düsseldorf immer früher zu. Die Zahl der 18- bis 20-Jährigen, die in den Miesen sind, hat sich in den vergangenen fünf Jahren mehr als verdoppelt. Rund 4.100 junge Menschen können heute ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen. Ein bedenklicher Trend, der besonders in Lehrerzimmern diskutiert wird.

Die Heinrich-Heine-Gesamtschule in Düsseltal hat das Thema „Finanzkompetenz“ seit zweieinhalb Jahren auf dem Lehrplan. Gemeinsam mit ehrenamtlichen Helfern der Awo-Schuldnerberatung, die auch in der Realschule In der Lohe und in der Thomas-Edison-Realschule tätig sind, möchte Wirtschaftslehrer Hans-Peter Becker einer späteren Verschuldung seiner Schüler vorbeugen und in den Klassen sieben bis zehn einen vernünftigen Umgang mit Geld lehren.

„Bis Anfang der 90er war Konsum bei Schülern kaum ein Thema. Heute ist es praktisch eine Ersatzreligion“, sagt Becker. „Markenkleidung, Handy, Computer — selten wird das günstigere Modell gekauft.“

Besonders die Jungs verbinden Glück mit Konsum, ihre Wünsche seien meist materielle. Aber auch bei den Mädchen sei der Konsumdruck spürbar. Mit Eintritt ins Berufsleben, der Volljährigkeit und den ersten eigenen vier Wänden droht vielen ein finanzielles Problem.

Aus diesem Grund gehen die Düsseltaler Schüler in der siebten Klasse gemeinsam in einen Supermarkt, vergleichen Produkte und Preise und bewerten Angebote. In den Jahrgangsstufen neun und zehn werden dann komplexere Themen behandelt: Wie entstehen Bedürfnisse und wie gehe ich damit um?

Internetkäufe werden außerdem behandelt, Girokonten, Kredite, Bürgschaften, Handyverträge und Rechnungen. Dazu befassen sich Lehrer und Jugendliche mit der nahen Zukunft und sprechen über die Finanzierung von Führerschein und erster Wohnung.

„Am Ende machen die Schüler einen Test“, sagt Peter Arnold von der Awo-Schuldnerberatung. „Wer besteht, bekommt den Finanzführerschein und ein Zertifikat. Das können Schüler, die kaufmännisch tätig sein wollen, der Bewerbung beilegen.“

Etwa 30 Prozent der Schüler fallen durch den Test. Sarah Bechert und Laura Linke hingegen haben ihn bestanden. Hamza Chaaboute hat die Prüfung noch vor sich. „Ich hatte gerade meine erste Doppelstunde, das war sehr interessant“, sagt er.

Was der Unterricht den beiden Mädchen gebracht hat, erklärt Laura so: „Ein paar Tage nach dem Test, haben wir mit meinem Handy im Internet gesurft und auf einer Klingelton-Seite aus Versehen ein Abo abgeschlossen. Ich hab dann sofort den Anbieter angerufen und das Abo gekündigt.“

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