Mehrkosten für die Tour de France: „Es gibt keinen Grund, dieses Geld nicht freizugeben“

OB Thomas Geisel räumt Fehler im Umgang mit den Mehrkosten für die Tour de France ein — doch jetzt seien alle Fragen geklärt.

Mehrkosten für die Tour de France: „Es gibt keinen Grund, dieses Geld nicht freizugeben“
Foto: Judith Michaelis

Herr Geisel, wie dringend warten denn Betriebe darauf, dass die Stadt ihre Rechnungen im Zusammenhang mit dem Start der Tour de France begleicht?

Thomas Geisel: Namentlich darf ich das natürlich nicht sagen. Klar ist, dass Rechnungen über insgesamt 1,4 Millionen Euro bislang von uns nicht bezahlt werden konnten, weil der Stadtrat diese Summe noch nicht freigegeben hat. Nach meiner Kenntnis handelt es sich ausschließlich um Düsseldorfer Unternehmen — die zurecht Wert darauf legen, ihr Geld zeitnah zu bekommen.

Zwei Mal haben Sie vergeblich versucht, die entsprechenden Vorlagen durch den Rat zu kriegen — was haben Sie da falsch gemacht?

Geisel: Es ist sicher nicht alles optimal gelaufen. Im Nachhinein war das Hausieren mit dem Dringlichkeitsbeschluss falsch, auch wenn es juristisch wohl nicht zu beanstanden war, wie mir Rechtsdezernent Zaum versichert hat. Aber politisch war es ein Fehler.

Sie haben den Beschluss nicht von einer anderen Fraktion mitunterschreiben lassen, sondern von einer SPD-Ratsfrau.

Geisel: Ja. Ich habe versucht, CDU-Fraktionschef Gutt und andere Fraktionen für die Mitunterschrift zu gewinnen. Als das nicht klappte, war die SPD für mich in dem Moment die ultima ratio, da ja die Rechnungen bezahlt werden mussten. Aber noch einmal: Politisch war das falsch, denn natürlich sollten bereits die Unterschriften unter einem solchen Eilbeschluss eine möglichst breite Mehrheit im Rat abbilden.

Scharf kritisiert wird auch, dass Sie den Rat nicht schon in der Juni- oder spätestens der Juli-Sitzung darüber informiert haben, dass der Grand Départ für die Stadt deutlich teurer wird.

Geisel: Im Juni hatten wir viele Rechnungen noch nicht und vor allem konnten wir nicht abschätzen, welche Einnahmen noch aus Ticketverkäufen und Sponsorings fließen würden; so hätten wir allenfalls sehr vage sagen können, es besteht die Gefahr, dass die Mittel nicht ausreichen und deshalb beantragen wir vorsichtshalber bis zu drei, vier oder fünf Millionen Euro zusätzliche Mittel. Welche Diskussion dies ausgelöst hätte, kann man sich vorstellen. Gleich am Montag nach dem Grand Départ habe ich dann in einer Pressekonferenz darauf hingewiesen, dass die Kosten sehr wahrscheinlich höher und unsere Einnahmen niedriger als zuletzt kalkuliert ausfallen werden.

Das war nicht sehr konkret.

Geisel: In der Sitzung der Kleinen Kommission Grand Départ wurde ausführlich über die voraussichtliche Kostenüberschreitung gesprochen. Seinerzeit gingen CDU und FDP von Kosten in einer Größenordnung von 17 und sogar 20 Millionen Euro aus. Diese Zahlen konnte ich nicht bestätigen. Allerdings ist es richtig, dass ich im Bericht aus der Kommission im Rat ausführlicher auf diese Diskussion hätte eingehen sollen. Eins möchte ich aber noch einmal festhalten: Im Grundsatzbeschluss, den Start der Tour de France auszurichten, stand unterm Strich ein Fehlbetrag von 8,1 Millionen Euro. Den haben wir am Ende mit 7,8 Millionen Euro sogar noch leicht unterboten.

Ja, aber dann war von einem Defizit für die Stadt von unter fünf Millionen die Rede.

Geisel: Das stimmt. Ich glaube aber, dass wir sehr transparent und genau erklären konnten, warum es letztlich anders gekommen ist. Wir mussten mehr Geld für die Sicherheit, etwa für zusätzliche Fußgängerbrücken über die Strecke ausgeben. Und wir haben uns bei der Vermarktung der Vip-Plätze gründlich verkalkuliert.

Die CDU kritisiert auch, dass Sie die Personalkosten bei der Stadt nicht in vollem Umfang eingerechnet haben.

Geisel: Natürlich hat dieses Großereignis Mitarbeiter der Stadt beansprucht. Auch ich habe einen nicht unerheblichen Teil meiner Arbeitszeit dafür eingesetzt. Aber damit waren keine Mehrkosten für die Stadt verbunden. Soweit diese Stellen bereits im Stellenplan und damit im Haushalt abgebildet waren. In der einschlägigen Aufstellung sind nur solche Kosten ausgewiesen, für die eine zusätzliche Finanzierung durch überplanmäßige Mittel erforderlich ist. Da, wo wir also für die Tour Personal eingestellt haben oder intern abkommandierte Mitarbeiter an anderer Stelle ersetzen mussten, haben wir alle Kosten eingerechnet.

Bei den Einnahmen haben Sie Werbeplakate an der Kö-Bogen-Baustelle ausgewiesen, obwohl die nicht direkt mit der Tour zu tun hatten.

Geisel: Ich würde da von kreativer Mittelbeschaffung im Sinne der Stadt sprechen. Es gibt keine Vorschrift oder Regel, wo solche Einnahmen zu verbuchen sind. Die Projektleitung hat also eine Regelungslücke genutzt, um Mittel zur Finanzierung zu mobilisieren. Ganz neu war dies übrigens nicht: Auch der Förderverein des Schifffahrtmuseums und die IG Kö haben dies für die Sanierungen etwa des Schloßturms oder der Girardet-Brücke genutzt. Es ist schon ein bisschen widersprüchlich, wenn jetzt Mitarbeiter, die alles getan haben, um den Fehlbetrag zu minimieren, dafür kritisiert werden — und zwar ausgerechnet von denen, die immer größten Wert auf hohe Einnahmen und geringe Ausgaben gelegt haben.

Was lernen Sie aus der Sache? Wie wollen Sie Vertrauen im Rat zurückgewinnen?

Geisel: Natürlich nehme ich die Kritik ernst, insbesondere wenn sie von Herrn Czerwinski oder Herrn Neuenhaus kommt — weil ich da keinen Anlass habe zu glauben, es gehe um persönliche Angriffe. Ja, in der Kommunikation hätte am Anfang manches besser laufen können. Ich glaube aber, dass die letzten Gespräche Vertrauen geschaffen haben.

Sind alle Unklarheiten ausgeräumt, steht nächste Woche eine seriöse Mehrheit?

Geisel: Wir haben allen Fraktionen eine Liste mit den Rechnungen vorgelegt — auch Herrn Gutt. Es gibt keinen Grund, dieses Geld nicht freizugeben. Ich möchte nicht immer auf dem ESC 2011 herumreiten, aber eins darf man wirklich konstatieren: Wir haben insgesamt mit dem Grand Départ einen vorbildlichen Standard im Hinblick auf Transparenz gesetzt. Und ich nehme als Stimmungsbild wahr, dass viele Bürger keinerlei Verständnis dafür haben, dass aus dem tollen Event erneut ein solches Politikum geworden ist.

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