Mammutkonzert mit Star-Tenor

Kölner Männergesangverein feiert 175-jähriges Bestehen im Schatten des Doms.

Mammutkonzert mit Star-Tenor
Foto: Gabi Knops-Feiler

Köln. Eine Reise durch die Welt der schönsten Opern und Operetten erlebten rund 3500 Gäste auf dem Roncalliplatz im Schatten des Doms. Das Open-Air-Konzert des Kölner Männergesangvereins (KMGV) 1842 sollte am Sonntagabend den absoluten Höhepunkt zum Abschluss des Jubiläumsjahres darstellen.

Eigens für das Mammutkonzert zum 175-jährigen Bestehen war der weltbekannte Tenor Juan Diego Flórez verpflichtet worden, den Pavarotti als würdigen Thronfolger bezeichnet haben soll. Weitere Solistin war die deutsche Opernsängerin Eleonore Marguerre. „Wir wollen musikalisch keine schwere Kost bieten“, hatte KMGV-Sprecher Axel Hollander im Vorfeld gesagt. Und hatte damit nicht zu viel versprochen.

Schon beim ersten Stück wurde deutlich, dass das Publikum sowohl akustischen als auch optischen Hochgenuss zu erwarten hatte. Ein transparentes Dach, das vor dem Südportal über der großen Rundbogenbühne gespannt war, sorgte dafür, dass die leicht illuminierte Dom-Kulisse für jeden Zuschauer sichtbar blieb.

Bereits lange vor Beginn stiegen Spannung und Vorfreude. Den klangvollen Auftakt übernahm das WDR Funkhausorchester mit der Ouvertüre aus der Oper „Il barbiere die Siviglia“ von Gioachino Rossini, ehe Flórez und der stimmgewaltige Chor samt Orchester das Trinklied aus der Oper „Ernani“ von Giuseppe Verdi anstimmten. Mit ausdrucksstarker, beweglicher Stimme und der Arie „Principe più non sei“ aus der Rossini-Oper „La Cenerentola“ begeisterte Flórez im Anschluss, während die Männer ihre einfühlsamen Parts in gewohnt souveräner Weise ertönen ließen. Beim Lied „O mio babbino caro“ aus der Oper „Gianni Schicchi“ von Giacomo Puccini war besondere Ausdrucksvielfalt gefragt.

Mit glanzvoll-dramatischem Koloratursopran meisterte Marguerre ihren Part als „Violetta“ hervorragend. Zum besonderen Klangerlebnis geriet „Ah mes amis“ aus der Oper „La fille du régiment“ von Gaetano Donizetti, das lange zum Standardrepertoire von Opernbühnen gehörte. Während Flórez geschickt an der schwierigen Gesangslinie entlang navigierte, unterstützte ihn der Chor mit Harmonie und vokaler Kraft. Mit seiner Solo-Arie „Au mont Ida“ aus der Oper „Die schöne Helena“ von Jaques Offenbach stellte der Star-Tenor den musikalischen Bezug zu Köln her: Offenbach wurde 1816 in der Domstadt geboren.

Der „Chor der Jäger“ aus der Oper „Der Freischütz“ und „Studentenchor“ aus „Hoffmanns Erzählungen“ waren bekanntere, aber nicht weniger anspruchsvolle Stücke, die sich die Männer ausgesucht hatten und die sie mit viel Feingefühl, sauberer Abstimmung und großer Präzision vortrugen. Auch das weitere Programm unter Leitung von Bernhard Steiner blieb spannend und abwechslungsreich.

Die Gesangsqualitäten der Protagonisten waren tadellos, daran gab es nichts auszusetzen. An der Programmgestaltung hingegen schon. So war die überwiegende Mehrheit der Besucher enttäuscht, dass die Sänger zu ihrem besonderen Jubiläum etwas zu kurz gekommen sind. Dem Abend hätte es sicherlich gut getan, wären mindestens ein oder zwei weitere Soli des KMGV dabei gewesen. Und es hätte ebenfalls nicht geschadet, wären zum Schluss- und Höhepunkt noch einige Ostermann-Lieder erklungen. Denn dass das Publikum bereit zu klatschen war, hatte es beim Solo „Meine Lippen, sie küssen so heiß“ aus „Giuditta“ von Franz Lehár bereits bewiesen. „Wenn der KMGV seinen 175. Geburtstag feiert, darf ruhig mal eine Runde geschunkelt werden“, kommentierte Stephan Schumann und ergänzte: „Die Zuhörer sind verwöhnt durch das ‚Divertissimentchen’“.

Trotz allem spendeten die Besucher minutenlangen Applaus und stehende Ovationen. Den Beteiligten waren Freude und Erleichterung über das gelungene Konzert anzusehen. Aber die Zuhörer gaben sich erst nach drei Zugaben zufrieden.

Dass Flórez nicht nur ein begnadeter Sänger, sondern auch ein guter Gitarrist ist, stellte er spätestens unter Beweis, als er das Lied „Besame mucho“ allen Frauen im Publikum widmete und das auf Deutsch formulierte. Insgesamt wurde das Galakonzert im Schatten des Doms zu einem unvergesslichen, aber nicht perfekten Abend.

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