Kultur in Düsseldorf Lesungen zwischen Waschmaschine und Föhn

Bei der Veranstaltung „Die Welt ist nebenan“ des Literaturbüros NRW wird die Nachbarschaft in die Vorträge miteinbezogen.

Kultur in Düsseldorf: Lesungen zwischen Waschmaschine und Föhn
Foto: Literaturbüro NRW

Düsseldorf. Der Waschsalon auf der Lessingstraße, unweit des Hauptbahnhofes, ist prall gefüllt. Zwischen den Waschmaschinen stehen rund 30 Menschen, die der Düsseldorfer Autorin Mithu Melanie Sanyal zuhören. Sie liest eine eigens dafür geschriebene Geschichte, unterbrochen wird sie nur von dem etwas lauteren Schleudergang der Maschine oder einem Föhn. Denn im hinteren Teil des Geschäfts befindet sich außerdem ein Friseursalon, in dem ein Mann gerade dabei ist, einem Kunden die Haare zu schneiden. Der Waschsalon ist nicht die einzige Station der Lesetour „Die Welt ist nebenan“, die am Freitagabend durch die Umgebung des Hauptbahnhofs zieht.

Kultur in Düsseldorf: Lesungen zwischen Waschmaschine und Föhn
Foto: Litarturbüro NRW

Eingeladen hat das Literaturbüro NRW im Rahmen des Projekts „Von Fremden Ländern in eigenen Städten“, das im kommenden Jahr fortgesetzt werden soll. Vier Düsseldorfer Autoren lesen dazu in vier Geschäften. Ihre Texte schrieben sie für die Tour und verarbeiten darin die Umgebung. Die Tour ist laut Veranstalter auf großes Interesse bei den Düsseldorfern gestoßen: Auf die 30 Plätze habe es rund 200 Anmeldungen gegeben. Es geht in die Nachbarschaft des Literaturbüros NRW, welches im vergangen Jahr in dieses multikulturelle Viertel gezogen ist.

Die Autorin Mithu Melanie Sanyal ist selbst in Oberbilk aufgewachsen. Als Tochter einer polnischen Mutter sowie eines indischen Vaters schreibt sie über die Jugend in der Stadt und über Identitäten. Ihre Geschichte handelt von einer Freundschaft in Oberbilk, aber auch über Erlebnisse mit der Polizei: Das einzige schwarzhaarige Mädchen aus der Gruppe wird rausgezogen, da es „aussieht wie eine, die hier Drogen verkauft“.

Maren Jungclaus vom Literaturbüro NRW organisiert die Tour und hatte auch die Idee dazu. Sie stellt die zu Beginn jeden Laden und seinen Besitzer vor. Die werden dabei kurz interviewt, wie etwa der Besitzer des griechischen Reisebüros an der Bismarckstraße. Dort liest Autorin Pamela Granderath, die selbst eine enge Verbindung mit Griechenland hat.

In ihrem Beitrag geht es um eine junge Frau, die in der Umgebung der Bismarckstraße aufwächst. Hier gibt es einige griechische Geschäfte. Die Eltern der Frau sind Griechen aus der Gastarbeitergeneration und wollen zurück in das Land, welches seit der Wirtschaftskrise Probleme hat. Ob der Reisebüro-Besitzer das kennt? Seine Eltern wohnen wieder in Griechenland, erklärt er anschließend.

Sicher hat die Umgebung des Hauptbahnhofes mit Pauschalisierungen und Vorurteilen zu kämpfen. Durch den Spaziergang und das Gespräch mit den ansässigen Ladenbesitzern kann einiges davon abgebaut sowie neues entdeckt werden. Auf der Kölner Straße etwa sitzt im „Salon de Rasta“ Autor Horst Eckert auf einem Tisch und hat die Beine übergeschlagen. Um ihn herum werden die Haare eines Mannes aufgekehrt, der eben den Friseursalon verlassen hat.

Hier werden unter anderem Rastas und Haarverlängerungen gemacht, erklärt die Besitzerin. Der Autor liest einen Krimi. Die Hauptperson der Geschichte ist auf der Suche nach einem Mädchen sowie dem Kenianer Joseph. Das führt sie auf der Kölner Straße in Läden wie den „Salon de Rasta“, ins „Ghana House“ oder in einen musikalischen Gottesdienst.

Weiter geht es zum Worringer Platz. Vor den Baustellenabsperrungen und dem dichten Verkehr liest Frank Schablewski. Er selbst war gerade erst in Istanbul und spricht Türkisch, was er im Gespräch mit dem Verkäufer des „Kiosk und Bakery“ zeigt. Die Tour ist ein Nachbarschafts-Kennenlernen der besonderen Art - und im Kontakt mit seinen Nachbarn möchte das Literaturbüro bleiben. Ein Buch mit den Texten wird an die teilnehmenden, aber auch an weitere Geschäfte des Viertels verteilt.

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