Latein: Tote Sprachen leben länger

Am Görres-Gymnasium hat Schulleiter Otto Wirtz festgestellt, dass immer mehr Schüler Latein lernen und dabei nicht einmal schlechte Laune bekommen.

Düsseldorf. "Salve, magistra" schallt es Lehrerin Barbara Maerker aus dem Klassenraum der 8b entgegen. Die Mädchen und Jungen des Görres-Gymnasiums sind fröhlich und konzentriert - und das, obwohl 45 Minuten Vokabeln, Mythologie und Grammatik vor ihnen liegen. Der Schrecken, den der Lateinunterricht einmal verbreitet hat, scheint dahin. Latein ist wieder in.

31 Prozent mehr Schüler als noch vor sechs Jahren lernen derzeit in NRW Latein, im vergangenen Jahr waren es 246 000 Pennäler. Totgesagte (Sprachen) leben eben länger.

Vor einigen Jahren noch war das Fach Latein unter den Schülern nicht gerade der Renner. Moderne Sprachen wie Französisch, Spanisch und auch Russisch hatten einen deutlich besseren Ruf als das altsprachliche Latein. Was sollte man mit einer Sprache, die seit Jahrhunderten nicht mehr gesprochen wird, auch anfangen?

Viel, meint Otto Wirtz, Schulleiter des Görres-Gymnasiums. "Latein bringt weitaus mehr als manche annehmen. Es ist wichtig, um Strukturen von Sprache zu begreifen und um selber strukturiert zu denken." Wirtz selbst unterrichtet an seiner Schule Französisch. "Latein steht auch nicht in Konkurrenz zu anderen Sprachen, es ist vielmehr der Ursprung von vielen anderen."

Am Görres-Gymnasium ist der Lateinunterricht ab Klasse 5 verpflichtend. Schulleiter Wirtz glaubt, dass gerade deshalb Eltern ihre Kinder an der Schule anmelden. Die Zahl der Lateinklassen ist in den letzten Jahren gestiegen, Schüler und Eltern betrachten das Fach mit größerem Interesse. "Latein ist wieder wichtig." Wichtig für Konzentration und Sprachverständnis, wichtig aber auch für den Umgang mit Wissenschaft und Fachsprache. Die Schüler lernen das Fach auch länger, Latein-Leistungkurse kommen am Görres-Gymnasium immer öfter zustande.

Damit der Lateinunterricht aber mehr ist als früher, mehr als stures Auswendiglernen und ständiges Wiederholen, greifen die Lehrer von heute zurück auf eine ganze Reihe von Hilfsmitteln, die den Unterricht auflockern sollen und die alte Sprache modern machen.

Aber in ihr selbst steckt auch viel zeitlos Interessantes, denn viele der alten Texte haben einen aktuellen Bezug, berichten über Freundschaft, Liebe und Rhetorik. "Besonders in der Oberstufe geht das Fach weit über das bloße Auswendiglernen hinaus, es wird interpretiert und diskutiert", sagt Barbara Maerker. Sie selbst hat das Fach noch ganz anders gelernt, hat weniger über römische Kultur erfahren, sondern Verben, Stammformen und Deklinationen gepaukt.

In ihrer achten Klasse wissen die Schüler noch nicht, was sie einmal werden wollen, und ob sie fürs späteres Studium vielleicht das Latinum brauchen. Aber Latein, das hilft ihnen jetzt schon im Schul- und Alltagsleben. "Man kann viele Fachbegriffe herleiten aus dem Lateinischen, versteht auch Spanisch und Italienisch besser, wenn man Latein lernt", weiß Lena bereits.

Geschichte Latein wurde in Rom und der umliegenden Region gesprochen, später verbreitete es sich in den von Rom eroberten Gebieten.

Heute Latein ist im Vatikanstaat Amtssprache, in Kirche und Bildungswesen von Bedeutung.

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