Kultur Zurück zum Geist des Augenblicks

Der Tenor Julian Prégardien gastiert am Mittwoch mit Schumann-Liedern im Palais Wittgenstein.

Kultur: Zurück zum Geist des Augenblicks
Foto: M. Borggreve

Düsseldorf. Er tritt als Sänger ganz in die Fußstapfen seines Vaters, der Tenor Julian Prégardien (32). Der Sohn von Christoph Prégardien (60), ebenfalls Tenor, übt nicht nur den gleichen Beruf des Vaters aus, er gastiert auch, wie vor ein paar Jahren bereits der Vater, bei der Düsseldorfer Robert-Schumann-Gesellschaft im Palais Wittgenstein.

Am Klavier begleitet von dem renommierten französischen Pianisten Eric Le Sage, singt Julian Prégardien Lieder von Robert Schumann: die Dichterliebe op. 48 und den Liederkreis op. 24. Beide Liedzyklen sind Vertonungen von Gedichten Heinrich Heines. Darum handelt es sich bei dem Abend auch um eine Kooperation von Schumann-Gesellschaft und Heinrich-Heine-Institut.

Julian entstammt generationenübergreifend einer sangesfreudigen Familie: Sein Großvater und sein Vater waren Gründungsmitglieder der Limburger Domsingknaben. Die bekannte Sopranistin Julia Kleiter ist seine Cousine. Bei den Limburger Chorknaben begann Julian Prégardien seine musikalische Ausbildung. Gesang studierte er dann von 2005 bis 2009 an der Musikhochschule Freiburg.

Ähnlich wie Vater Christoph verfügt auch Julian Prégardien über ein feines, helles Timbre von marmorner Reinheit. Die Stimme wirkt nicht besonders groß, eignet sich aber bestens für den Liedgesang. Gleichwohl ist der junge Prégardien auch in der Oper erfolgreich. Er gehört zum Ensemble der Oper Frankfurt am Main und singt dort exponierte Partien wie etwa den Tamino in Mozarts „Zauberflöte“.

Im Palais Wittgenstein gehen Sänger und Pianist nun auf Zeitreise in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Einer aus den Quellen begründeten Neuausgabe von Schumanns Dichterliebe und Liederkreis op. 24 folgend, unternehmen beide Künstler den Versuch, die Musik in den Geist des Augenblicks zurück zu fantasieren, dem sie entstammt. Der Schumann-Forscher Hansjörg Ewert hat die authentische Ausgabe ediert. Sänger und Pianist wollen sich dennoch ein wenig frei machen vom Notentext, um einer Tradition des 19. Jahrhunderts zu folgen, bei dem das Gedruckte mehr als kreative Vorlage verstanden wurde denn als definitive Anweisung.

Schumanns Lieder gehören zu den bis heute beliebtesten Vertonungen der Gedichte Heines. Umso erstaunlicher ist es, dass Heine sich nie zu den Liedkompositionen geäußert hat, obwohl Schumann ihm ein Manuskript nach Paris geschickt haben soll. Grund mag sein, dass Schumann aufgrund einer öffentlichen feuilletonistischen Auseinandersetzung bei Heine in Ungnade gefallen ist. Die Nachwelt muss das nicht weiter kümmern, sie genießt dieses wunderbare ästhetische Zusammentreffen von Wort und Ton.

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