Ü50-Party Zakk: Die jungen Alten im Diskofieber

Wo tanzt in Düsseldorf der Bär, wenn er nicht mehr der Jüngste ist? Die Ü50-Party an der Fichtenstraße ist längst kein Geheimtipp mehr.

Ü50-Party: Zakk: Die jungen Alten im Diskofieber
Foto: Melanie Zanin

Düsseldorf. Der Bus 736, der kurz vor 19 Uhr im Dunkeln vor dem Kommunikationszentrum am Zakk hält, ist so gut wie leer. Bis auf einen älteren Mann, der langsam und vorsichtig mit Hilfe eines Stocks aussteigt, und dann von den wenigen Wartenden im Eingangsbereich freudig begrüßt wird. Herbert Spillner kann schlecht laufen. Aber toll tanzen! Dies wird gut zu sehen sein im weiteren Verlauf des Abends. Im Zakk ist 50-plus-Party. Motto: „Wir können auch anders. . . “

Auch anders als manch einer sich das vorstellen mag. Wer denkt, dort ginge während eines Balls der einsamen Herzen „eine Träne auf Reisen“, würde im Ententanzrhythmus mit morschen Knochen gewackelt, der tanzt im Kopf auf der falschen Hochzeit. Nicht mit DJ Ingwart! Der heizt so ein, dass sich nach 22 Uhr sogar Leute reinzuschummeln versuchen, die noch gar nicht alt genug sind.

Weil hier so gut aufgelegt wird, kommen auch Besucher aus dem Umland, aus den Kreisen Neuss, Mettmann, Krefeld, Solingen, sogar aus dem Kohlenpott.

Zwischen 19 und 20 Uhr läuft noch unspektakuläre Hintergrundmusik. Langsam tröpfeln die Gäste ein. Der Eintritt kostet 8 Euro, inklusive Begrüßungssekt. In der Bar gibt’s vorab leckere Häppchen zu zivilen Preisen, eine Flasche Bier kostet 3 Euro, ein Gin Tonic 4,60 Euro.

Im Saal dreht sich unter blutrot ausgeleuchteter Decke die Disco-Kugel, auf dem Boden tanzen schon mal weiße Kringel auf lila Grund Ringelreihen. Neben der Empore werden Motive auf die Wand projiziert von Bikinimädchen, Afrolook bis zu Che Guevara.

Nach und nach besetzen Grüppchen flotter Freundinnen in Jeans und Steppweste Tische und Bänke. Mäntel werden einfach über die Stuhllehnen gehängt. Die Männer, leicht in der Minderzahl, lümmeln lieber an Stehtischen. Ein Dress-Code ist nicht auszumachen, alles locker-lässig, nix Aufgebrezeltes. Pärchen sind seltener zu beobachten. Anfangs wenigstens. Das Ende der Veranstaltung ist ja offen.

Auf der Hintergrundprojektion erscheinen Sprüche wie „machdichtanzklar“ und „be yourself“. Und dann legt DJ Ingwart los: „Mama told me not to come“, „Sugar, Sugar“, Creedance Clearwater Revival, Stevie Wonder, Gipsy Kinks. „Hach, die Single hab ich noch“, seufzt Mike, der das Eintrittsalter Ü 50 gerade mal um ein Jahrzehnt überschritten hat. Und sein letzter Salsa-Kurs ist noch gar nicht so lange her.

„Hey, Mr. Tambourine Man“! Während andere noch etwas stocksteif rumstehen, betanzt Mr. Bus 736 schon eine drahtige Blondine, danach ein dralle Brünette. Die Gehhilfe hat Pause. Sagenhaft! Im Disko-Schein sieht der Senior ein bisschen aus wie Hollywood-Star Kirk Douglas, nur eben ein bisschen jünger. Später stellt sich heraus: Er ist erst 87 Jahre, seine blonde Tanzpartnerin gerade mal 57 Jahre alt.

Das Publikum macht prächtig mit, auch beim Programm. Die Wunschliste der Lieblings-Songs wird um 21 Uhr geschlossen. Bei dem, was danach kommt, schwelgen nicht wenige in Erinnerungen. Vielleicht an alte Düsseldorfer Zeiten, als es noch Jazz-Band-Bälle im Schlösser in der Altstadt gab, Sonntagsnachmittags-Tanztees in der Rheinterrasse, Schwof im Europäischen Hof an der Graf-Adolf-Straße oder Tanz im Freien in der „Wolfsschlucht“ in Grafenberg. Und dann wünscht man sich es noch mal: „Für mich soll’s rote Rosen regnen. . .“ Aber heute bitte mit: Extrabreit!

Earth, Wind and Fire — gegen 22 Uhr brennt die Hütte in Flingern im roten Licht beinah wie ein alter Hochofen. Da wogt die Masse in der Mitte, währenddessen in den Nischen Pärchen ganz für sich akkuraten Disko-Fox praktizieren. Das ist das wohl Exklusivste im Zakk: Viel Platz für alle und alles. Auf einer langen Bank wird geknutscht, auf der Tanzfläche geküsst: „Live is life“. „Tanzen ist Träumen“ erscheint auf der Hintergrundprojektion.

Entstanden ist die Idee zu der Ü 50-Party vor Jahren in einem Computer-Kurs für Senioren im Zakk an der Fichtenstraße. Die Silver Surfer fühlten sich irgendwie angemacht vom bunten Treiben um sie herum und wollten auch noch mal. Ein Test mit einem Tanztee am Nachmittag zündete. Jetzt wird jeden zweiten Freitagabend im Monat abgerockt. Wie sagt doch unser Kirk Douglas aus Bus 736 ganz ohne Innehalten im Tanz: „Man muss sich bewegen.“

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