Vom seidigen Sopran zum brummigen Bass

Bobby McFerrin beweist vor begeisterten Zuhörern die Bandbreite seines Könnens.

Düsseldorf. Es gibt kaum einen Menschen, der mehr Musikalität verströmt als Bobby McFerrin. Der Amerikaner ist ein strahlendes Beispiel für unglaubliche Leichtigkeit und Souveränität im Umgang mit Musik. Bei seinem Auftritt in der ausverkauften Tonhalle sitzt sein Publikum mit spannungsvoller Vorfreude, wissend um die besondere Aura des Sängers.

Leger, konzentriert und maßvoll beschwingt betritt McFerrin die Bühne und stellt sich zum Applaus des Publikums vor das Münchner Rundfunkorchester, um mit Wolfgang Amadeus Mozarts Ouvertüre "Le nozze di Figaro" zu eröffnen. Dabei gibt er sich spitzbübisch und gewitzt, verleiht seiner Arbeit stets den Nimbus des Improvisierten, lächelt viel und verbreitet Freude unter den Kollegen an den Pulten. Trotzdem ist Mozart hier eine gefällige Wahl, da macht man nicht viel verkehrt, löst aber auch nicht sofortige Jubelstürme aus.

Die hebt sich Bobby McFerrin für seine Duett-Partnerin Sol Gabetta auf. Zusammen mit der außergewöhnlichen Argentinierin musiziert er zunächst das Concerto g-Moll für zwei Violoncelli RV 531 von Antonio Vivaldi. Allerdings hat nur Sol Gabetta ihr Cello mitgebracht, McFerrin singt den Solo-Part. Natürlich. Bevor Orchester und Solistin dem 58-Jährigen die Bühne überlassen, lösen Gabetta und McFerrin mit Vivaldis hinreißendem Adagio des Konzerts G-Dur RV 532 für zwei Mandolinen die hohen Erwartungen an den Abend mehr als ein.

Die beiden umgarnen sich in ihren gemeinsamen Passagen derart hingebungsvoll und mit musikalischer Intensität, dass man sich wünschte, der Komponist hätte doch bitte einige weitere Wiederholungszeichen in die Partitur gesetzt. Der aberwitzig schnell zugegebene Hummelflug der beiden wäre gar nicht mehr nötig gewesen, der Saal liegt ihnen nunmehr zu Füßen.

Schließlich allein auf der Bühne sitzend zeigt Bobby McFerrin mit jazzigen Vokalstücken eine der anderen Facetten seines Könnens. Sein Tonumfang, der eine seidige Sopranstimme genauso wie einen brummigen Bass umfasst, lässt ihn scheinbar mühelos zwischen den Registern wechseln, lässt grabentiefe Intervallsprünge so lupenrein klingen, als wäre es kinderleicht. Dabei imitiert er noch Instrumente wie Schlagzeug, Gitarre und Keyboards, die mit groovenden Melodien zusammengehalten werden. Es ist erstaunlich, wie viel Musik ständig in diesem Kopf stattfinden muss.

Zuweilen wird dann auch das - offenbar mit vielen Sängern besetzte - Publikum mit einbezogen. Mal als Melodieträger im "Ave Maria", welches er begleitet oder als Tonerzeuger für sein Bühnen-Klavier, bei dem er mit imaginären Tasten auf dem Bühnenboden die Töne im Publikum abruft. Die abschließende Mozart Sinfonie Nr. 40 g-moll KV 550 geht den Münchnern nach der Pause leicht von der Hand. McFerrin lässt Mozart geschmeidig federn, die Phrasierungen sind zuweilen etwas spitz, mit deutlich ausformulierter Dynamik und schnellem Tempo. Nach charmanten Zugaben entlässt der Sänger seine Fans. Erneut eine Sternstunde mit Herrn McFerrin, erneut das Gefühl, dass es viel zu schnell vorbei war.

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