Bürger-Bühne-Stück „Verlorene Lieder“: Laien-Darsteller erzählen durch Lieder von sich

„Verlorene Lieder“ im Central: 18 Laien-Darsteller erzählen durch Lieder Geschichten von sich und offenbaren auf der Bürgerbühne sogar ihre Biografie.

Bürger-Bühne-Stück: „Verlorene Lieder“: Laien-Darsteller erzählen durch Lieder von sich
Foto: Sebastian Hoppe

Düsseldorf. Im neuen Bürger-Bühne-Stück des Schauspielhauses, „Verlorene Lieder“, singen sie aus vollem Herzen und mit Leidenschaft — egal, ob „Das Wandern ist des Müllers Lust“, „Lili Marlen“ oder „Kein schöner Land in dieser Zeit“. Lieder, die mehr als viele Worte sagen können und mit denen manche der 18 Teilnehmer großgeworden sind.

Lieder, die irgendwann verlorengingen, aber auch heute noch bei der so coolen Smartphone-Generation Sehnsucht wecken können. Das Besondere an dem Projekt: Durch die Lieder erzählen die Laien-Darsteller Geschichten von sich, einige sogar offenbaren an dem Abend durch die Lieder ihre Biografie.

Das berichten die vier Protagonisten, die mit unserer Zeitung gesprochen haben. Jakob Wagner (22), der an der Robert-Schumann-Hochschule Gitarre studiert oder die Deutsch-Spanierin Mari Carmen Gonzalez (63), die im Hauptberuf als kaufmännische Angestellte täglich neun Stunden im Büro arbeitet. Dagmar Hornik (25), Studentin der Kunstgeschichte, und Robert Fisher (72), gebürtiger Amerikaner, früher mal Opernsänger und seit geraumer Zeit als Heilpraktiker und Akupunkteur tätig. Eine bunte Mischung kredenzen damit Regisseur Christof Seeger-Zurmühlen und Musiker Bojan Vuletic, die das Konzept des Abends gemeinsam mit den singenden Bürgerbühne-Schauspielern auf die Beine stellten.

Seit dem 3. Oktober treffen sie sich regelmäßig, proben seit Wochen täglich, in ihrer Freizeit, von 16 bis 22 Uhr. Manchen bleibt neben ihrem Beruf in der Zeit vor der Premiere kaum noch Zeit für Familie oder Freunde. „Wir opfern keine Freizeit, sondern nutzen sie nur anders. Dafür bekommen wir in den Proben so viel Emotionen und Lebensgeschichten aus der Gruppe zurück“, sagen Dagmar Hornik und Mari Carmen Gonzalez. Sie haben keine ausgebildete Stimme, wie ihr Kollege Robert Fisher. Und müssen erst mal die Scheu überwinden. Dabei half ihnen der Musiker Bojan Vuletic. Fisher indes ist locker drauf, unterstützt die anderen musikalisch. Er stammt aus einer musischen Familie (Schwester: Pianistin) aus Indiana, ist stolz und glücklich darüber, dass an dem Abend auch seine Lebens-Geschichte erzählt wird, auch mit Cowboy-Liedern und Musical-Songs.

Gemeldet hatten sich 50 Interessierte, so Seeger-Zurmühlen. Die Auswahl sei schwergefallen. „Es geht uns aber nicht darum, dass perfekt gesungen wird.“ Sondern vielmehr um Geschichten und Erinnerungen, die mit den Liedern verbunden sind und die auf der Bühne mit den Gesängen — bekannten und weniger bekannten — verwoben werden.

Die Dialoge dazu verfasste Seeger-Zurmühlen aus den Gesprächen mit den Teilnehmern. Denn die Zuschauer erwartet „kein reiner Liederabend, sondern ein Theaterabend mit Liedern, die sie auch mitsingen dürfen.“ Das Stück nimmt sich noch ein anderes Thema vor. Es geht um die Frage: Warum und seit wann wird in deutschen Familien nur noch selten gesungen? Da landet man schnell bei der Nazi-Diktatur, „die viele der volkstümlichen Lieder mit brauner Blut- und Boden-Ideologie verquickt und somit missbraucht hatten“, erklärt Musikstudent Jakob Wagner. Er selbst singt nebenbei im Hochschul-Chor und begleitet Gesangs-Studenten häufig mit seiner der Gitarre. Besonders gerne bei Liedern aus dem Schubert-Zyklus „Die schöne Müllerin“.

Verlorene Heimat, verlorene Lieder — Mari Carmen steuert zum Abend auch etwas aus ihrer Heimat bei: Flamenco und Gesänge aus spanischen Melodramen. Erstaunlich jedenfalls ist der Facettenreichtum der Teilnehmer — ihrer Herkunft und ihrer Kulturen, die sich an diesem ungewöhnlichen Musik- und Theater-Projekt der Bürgerbühne mischen werden. Man darf gespannt darauf sein, ob und wie es dem Team gelingt, das Publikum zu begeistern und vielleicht auch zum Singen zu animieren.

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