Uneingelöste Versprechen

Gern lädt die Stadt Künstler zu Projekten ein, verteilt Preise und kauft Entwürfe. Doch nicht selten versanden die hochfliegenden Pläne.

Düsseldorf. Düsseldorf ist stolz auf seine Künstler, präsentiert Ausstellungen, organisiert Wettbewerbe und kürt Sieger. Aber häufig wird nichts daraus. Die Zahl der nicht realisierten Wettbewerbe ist groß. Die Stadt wäre reich, wenn sie die Entwürfe umgesetzt hätte, denn ihre Sieger bestimmen heute den Kunstmarkt.

In der obersten Etage des Kunstmuseums am Ehrenhof steht auf einem hohen Sockel das Modell eines Stücks Kniebrücke, wobei die graue Unterkonstruktion kleine Figuren beschützt. Auf dem hölzernen Deckel ist mit blauem Filzstift geschrieben: „Thomas Schütte, Die Fremden, Rheinknie-Brücke, Modell, 1993.“ Als Schütte sein Modell wiedersah, war er total überrascht. „Ich habe den Wettbewerb für ein Denkmal der Sinti und Roma gewonnen. Aber die Stadt hat nichts mehr von sich hören lassen. Sie lässt dort das Apollo-Varieté spielen und hat mein Modell einfach behalten.“

Der Leiter der modernen Abteilung, Kay Heymer, fand es eher zufällig im Depot, wohin das Kulturamt die Kunst 2003 abgeschoben hatte. Heute stehen „Die Fremden“ ohne Verweis auf Sinti und Roma als großartige Keramikgruppe auf dem Flachdach des Musik- und Kongresszentrums in Lübeck. Die bunten Figuren mit den traurigen Blicken sind ein Hingucker.

Ähnlich erging es dem Künstler Ferdinand Kriwet. Er hatte 1978 den beschränkten Wettbewerb für den U-Bahnhof Heinrich-Heine-Allee gewonnen. In der Jury saßen Werner Schmalenbach von der Kunstsammlung, Nagelkünstler Günther Uecker, Bildhauer und Maler sowie die kunstsinnigen Dezernenten Rüdiger Recknagel (Bauen) und Bernd Dieckmann (Kultur). Sie waren begeistert von der Idee einer Punktrasterschrift mit 17 000 Lichtpunkten im Blech, die unter der Decke hängen sollten. Kriwet heute: „Ich habe Heine-Texte gelesen, Zitate und Begriffe des Dichters gesammelt und eine spezielle Schrift entwickelt. Doch dann wurde alles abgeblasen. Es hieß plötzlich, es gebe kein Geld.“ Stattdessen hängen nun Gemälde im Bahnhof, die mit jedem vorbeifahrenden Zug schmutziger werden.

Magdalena Abakanowicz stellte 1993 im Polnischen Institut aus. Sie war längst berühmt. Die Stadt kaufte ihren Entwurf für die Mahn- und Gedenkstätte an: eine bronzene Hand, die über das Dach des Stadthauses an der Mühlenstraße in den Himmel ragen sollte. Doch die deutsch-jüdische Gesellschaft lehnte das Monument als zu kühn ab.

2004 lud Rita Kersting, damalige Chefin des Kunstvereins, anlässlich des 175. Geburtstags ihres Vereins zum Wettbewerb ein. Es ging darum, Kunst im öffentlichen Raum des Medienhafens zu schaffen und der Stadt zu schenken. Die junge Schottin Lucy McKenzie ging als Siegerin hervor, aber die Stadt fand angeblich keine Fläche, um das Geschenk einer merkwürdig schön gestylten Werbedame entgegenzunehmen.

Heute ist McKenzie Professorin der Kunstakademie, Thomas Schütte ein Weltstar, Ferdinand Kriwet erhielt eine große Ausstellung in der Kunsthalle und Magdalena Abakanowicz gilt als eine der wichtigsten Bildhauerinnen der älteren Generation.

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