Theateraufführung im Juta: Kinder als Kampfmaschinen

Das Stück „Kindersoldaten“ wirkt wie Frontalunterricht.

Düsseldorf. Zwei Männer und zwei Frauen sitzen in einem Büro, schieben Aktenordner herum, füttern den Schredder und kochen Kaffee. Fast nebenbei erzählen sie, wie eine Kalaschnikow funktioniert und wie viele davon weltweit verkauft werden: mehrere Millionen. Die Kalaschnikow sei praktisch für die Infanterie und auch geeignet für Kindersoldaten.

Kinder kämpfen in mehreren afrikanischen Ländern, aber auch in Afghanistan, Tschetschenien, Kolumbien, Myanmar oder Sri Lanka. Es sind billige Soldaten, denn sie essen wenig, stellen kaum Ansprüche. Sie werden als Minensucher eingesetzt (was für sie tödlich ausgeht) und sind in vielen Aufgaben geschickt.

Es ist ein schweres, schreckliches Thema, das der Dokumentartheaterspezialist Hans-Werner Kroesinger vom Berliner Theater in der Parkaue erarbeitet hat und das jetzt beim Koproduzenten FFT im Juta zu sehen war.

Mit seinen vier Schauspielern wühlte er sich durch Informationen - und wenn diese teilweise fast flapsig rüberkommen, dann spiegelt das die Situation des Probenprozesses, wie das Ensemble im anschließenden Gespräch mit dem Publikum schilderte. Wer sich wochenlang mit der Materie beschäftige, könne nicht ständig erschüttert sein.

Die Kindersoldaten sind auf der Bühne anwesend als Silhouetten aus Pappe. Manchmal kauert sich ein Schauspieler hin und verleiht ihm eine Stimme, berichtet so von einer konkreten Erfahrung. Dies sind die intensivsten Momente, da ist Weghören nicht mehr möglich. Manche Kinder haben sich freiwillig gemeldet, weil Kämpfen in einer Kriegsregion attraktiver ist als hilflos herumzusitzen, wie ein Junge aus dem Kongo zitiert wird.

Andere werden zu den Waffen gezwungen, gefoltert und zu Kampfmaschinen abgerichtet. Wenn sie dann noch unter Drogen stehen, sind sie sich keiner Gefahr mehr bewusst und erliegen dem Gewaltrausch: gefährliche Gegner.

Auf der Bühne wird ununterbrochen geredet, abwechselnd mit vier Stimmen. Das ist manchmal ermüdend und wirkt wie getarnter Frontalunterricht. Zahlen werden an eine Tafel gekritzelt, Schauplätze auf einer Weltkarte eingezeichnet, aber irgendwann ist nur noch Chaos zu sehen.

Kroesinger versteht sein Theaterstück für Jugendliche nicht als Erlebnis, sondern als Arbeitsangebot. Die Aufführung soll nicht bloß informieren, sie soll auch die Informationsflut und unseren hilflosen Umgang damit darstellen.

Und doch bleibt einiges hängen, was einen nicht nur betroffen macht, sondern empört: Zwar dürfen Waffen aus Deutschland nicht exportiert werden an Länder, in denen Kindersoldaten kämpfen - aber das "Endnutzerzertifikat" ist leicht zu fälschen. Oder: Es gibt in Deutschland schätzungsweise 600 Asylanträge von geflohenen Kindersoldaten, aber das wird als Grund nicht akzeptiert.

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