Interview Tenor Zoran Todorovich: „Vor den hohen Töne´n habe ich nie Panik“

An der Oper feierte der Tenor Zoran Todorovich jüngst ein umjubeltes Otello-Debüt. Im Gespräch mit der WZ gibt er sich lässig und bodenständig.

Interview: Tenor Zoran Todorovich: „Vor den hohen Töne´n habe ich nie Panik“
Foto: Hans-Jörg Michel

Düsseldorf. Entspanntes Lächeln, lockeres Auftreten. Keine Allüre eines bekannten Tenors. Wenn auch Zoran Todorovich häufig international auf Achse ist, gerade mit Kult-Koloratursopranistin Edita Gruberova eine Japan-Tournee hinter sich gebracht hat, strahlt der 55-jährige Sänger Ruhe und Gelassenheit aus. Kein gehetzter Opern-Divo ist der in Belgrad geborene Künstler, der seit 1992 in Deutschland lebt und bei Detmold mit seiner Frau und seinem Sohn wohnt.

Eher ein Tenor zum Anfassen, der gerne — in fließendem, beinah akzentfreiem Deutsch — über Kollgen schwärmt, über seine Pläne und die große weite Opernwelt plaudert. In Düsseldorf feierte er kürzlich ein umjubeltes Otello-Debüt und wird jetzt wieder den Kalaf singen, in dem Puccini-Klassiker „Turandot“.

Herr Todorovich, Sie kommen gerade vom Golfplatz?

Zoran Todorovich: Ja, ich spiele regelmäßig in Duisburg, wenn ich in der Rheinoper auftrete. Dabei kann ich mich am Tag nach einer anstrengenden Otello-Vorstellung gut entspannen. Bei Tenören sind der Druck und die Erwartung groß.

Wie gehen Sie damit um?

Todorovich: Wir müssen uns davor hüten, zum Opfer der schnelllebigen Zeit zu werden. So singe ich pro Jahr nur noch 40 Vorstellungen. Und ich lasse mir Zeit, warte bis ich die nächste Tür öffne. So habe ich etwa sechs Jahre in Hannover alle Rollen des lyrischen Belcanto-Fachs gesungen, bevor ich mich an größere Partien gewagt habe — wie den Cavaradossi in ‚Tosca’ oder den Don José in ‚Carmen’.

Und Verdis „Otello“?

Todorovich: Eine mörderische Partie, die heute nur schwer zu besetzen ist. Drei Jahre habe ich immer wieder abgesagt, selbst bei Angeboten aus Berlin. Erst als Düsseldorf und Antwerpen ihr Angebot machten, war die Zeit reif fürs dramatische Fach. Jetzt mit 55. Und ich singe auch in Orchesterproben immer mit voller Stimme. Das ist mein tägliches Training. Im Juli und August habe ich dann den Otello geprobt. Im Wechsel: eine Woche gesungen, eine Woche ausgeruht. Das bekommt meiner Stimme.

Absagen, das kann in der Branche gefährlich sein . . .

Todorovich: Ja, das ist ein Drahtseilakt. Man muss genau wissen, wann man sich das leisten kann. Denn die Gefahr besteht, dass Agenten und Intendanten glauben, dass man nicht mehr fit ist. Aber ich habe mir auch einen Ruf gemacht als Einspringer für Stars wie Piotr Beczala oder Jonas Kaufmann.

Viele rühmen Ihre zuverlässige, robuste Stimme, manche sehen in Ihnen auch einen Startenor . . .

Todorovich: Kann sein. Ich weiß nur, dass ich gut gebucht bin, in Paris, Berlin, Wien, und bin zufrieden, auch ohne Plattenvertrag und auch, wenn ich nicht 2019 einen Vertrag der Bayrischen Staatsoper bekomme. Ich bin von Hause eher ein bodenständiger Typ. Und habe eine Frau, die genauso gepolt ist. Sie ist Springreiterin.

Und die Rheinoper?

Todorovich: Für mich heute eine ideale Adresse, um in Rollen zu debütieren. Die Möglichkeit gibt mir Intendant Christoph Meyer. Ein wunderbarer Opernchef.

Wie klappt der Kalaf in der „Turandot“?

Todorovich: Gut, denn vor hohen Tönen habe ich nie Panik. Es gibt nur zwei große Auftritte für ihn. Neben dem Schlager ‚Nessun dorma’ ist die Rätsel-Szene anspruchsvoll. Jedes der drei Turandot-Rätsel beantworte ich mit einem hohen C. Die müssen auf den Punkt kommen.

Und Wagner-Opern?

Todorovich: Das ist eine andere Anspannung — wie Parsifal oder Lohengrin, die ich auch singe. Jetzt wird mir sogar Tristan („Tristan und Isolde“) angeboten. Da bin ich aber sehr, sehr vorsichtig und warte erst mal ab.

Tenor-Rente mit 60?

Todorovich: Warum nicht? Ich habe aber keine Idee, wann genau ich aufhören werde. Ich weiß nur, dass ich mit 70 nicht wackelig singen will — (er lacht) vielleicht mehr wackeln, als es ein Opernhaus aushält.

Haben Sie Angst vor Veränderungen?

Todorovich: Nein, überhaupt nicht. Was kann denn Schlimmes passieren? Ich habe nicht nur einige Verwandte im Jugoslawien-Krieg verloren, sondern auch in meiner Karriere sehr viel Glück gehabt und gut verdient.

Was würden Sie nach Ihrer Bühnen-Karriere machen?

Todorovich: Auf keinen Fall werde ich Gesangs-Professor. Ich gebe zwar gerne Meisterklassen, meist ohne Honorar. Als kommunikativer Mensch würde ich aber lieber als Agent, Sänger-Berater und Coach arbeiten. Vielleicht auch als künstlerischer Leiter eines Opernhauses.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort