Sven Heubes: In Magischen Zirkeln zu Hause

Erst Abitur, dann Zauberer. In dieser Reihenfolge wählte Sven Heubes den Weg zur Magie. Ab Dienstag tritt er im Kom(m)ödchen auf.

Düsseldorf. Es ist dieser eine Satz, den Sven Heubes braucht wie die Luft zum Atmen. „Ich kann es mir nicht vorstellen.“ Sechs Worte bloß, aber auf sie kommt es an. Und wann immer er auf die Bühne tritt, bilden sie die angenehmste Geräuschkulisse, die er sich denken kann, denn Sven Heubes ist Zauberer, Berufszauberer. Für Journalisten, die es gern konkret haben, ist allein diese Bezeichnung eine Provokation. Also wird hämisch gekontert: Ja, dann lassen Sie mal sehen. . . Am Ende blicken drei gestandene Kollegen ungläubig auf den freundlichen Mann mit dem lustigen Spitzbart, der ihre Gedanken liest und lässig eine ganz reale Zwei-Euro-Münze durchbeißt.

Keiner der drei Journalisten hat die Tricks durchschaut, und wenn jetzt einer daher kommt, um sie zu offenbaren, ist er zumindest nicht Mitglied im ehrenwerten Magischen Zirkel, dem Sven Heubes früh angehört und der auch eine Düsseldorfer Gruppe unterhält. Der Magische Zirkel nämlich, der 1912 in Hamburg gegründet wurde, bestraft seine Mitglieder bei Trick-Verrat mit einer Geldbuße und schlimmstenfalls mit dem Ausschluss.

Mit eben dieser Vereinigung und ihrem hohen Anspruch an ihre Mitglieder hat es zu tun, dass die Shows, die Heubes heute als Solokünstler oder mit seiner Gruppe AbraCapella bestreitet, fast immer ausverkauft sind. Am Dienstag stehen die Comedy-Magier von AbraCapella wieder im Kom(m)ödchen auf der Bühne.

Der Weg des Oberkasseler Jungen zum Gewinner der Deutschen Zaubermeisterschaften unterscheidet sich nicht wesentlich von den Lebensläufen anderer Jungen. Mit Leidenschaft und Träumen haben fast alle ersten Berufswünsche zu tun. Nur, dass Heubes ernst macht. „Ich wollte nie Lokomotivführer oder Astronaut werden, sondern Schauspieler, und in dieser Sparte kam mir der Zauberer besonders reizvoll vor.“ Mit 13 beherrscht er die ersten Tricks, mit 15 schafft er die Aufnahmeprüfung beim Magischen Zirkel, die damals eigentlich erst ab 16 absolviert werden darf. Heute liegt das Mindestalter bei zwölf Jahren.

Drei Aufgaben muss der junge Heubes bewältigen. Im ersten, dem Theorie-Teil, geht es etwa um das älteste Zauberdokument, das Westcar-Papyrus, das aus dem Jahr 2000 vor Christi Geburt stammen soll und erklärt, wie ein Kopf, welchen der Zauberer einer Kuh zuvor abschlägt, wieder dorthin zurückgelangt, wo er hingehört — Grundlagenforschung für Magier eben.

Der Theorie folgen praktische Übungen, welche Heubes ebenfalls mit Bravour erledigt. „Talent und Fingerfertigkeit müssen vorhanden sein“, sagt Heubes. „Aber auch die Schauspielerei muss man beherrschen.“ Schließlichsollen die Zuschauer gekonnt abgelenkt werden, wenn sich der Magier für das Wesentliche präpariert.

Heubes tritt als Jugendlicher zunächst in der Altstadt auf, ist ein anstrengendes Publikum also gewöhnt. Später unterhält er die Menschen im Vorprogramm verschiedener Zaubershows. Er macht sein Abitur, schließt eine Lehre bei einer Künstleragentur ab. Dann teilt er seinen Eltern mit: „Ich werde Zauberer.“ Versuche es, sagen sie ihm. „Mein Vater war Jazzmusiker und hat als solcher auch Artisten begleitet. Mit meinem Berufswunsch konnte ich ihn nicht beeindrucken“, erzählt Heubes.

Heute ist der mittlerweile 43-Jährige ein gefragter Zauberkünstler, der seine magischen Fähigkeiten nicht nur im Showbiz, sondern auch im prosaischen Geschäftsleben entfaltet. Corporate Magic nennt sich der Zweig, bei dem, wie Heubes sagt, „eine Darbietung um das Produkt herumgebastelt wird“. Für ein Pharmaunternehmen zum Beispiel trat Heubes als Mitarbeiter auf und mimte einen durchgeknallten Wissenschaftler.

Im vergangenen Jahr gewann Heubes mit seinen Kollegen von AbraCapella die Deutschen Meisterschaften der Zauberkunst in Leverkusen, Mitte Juli kehrte die Gruppe von den Zauber-Weltmeisterschaften im englischen Blackpool zurück, wo sie in ihrer Sparte unter 15 Teilnehmern immerhin den sechsten Platz belegte. „Es war unsere erste Teilnahme“, sagt Heubes. „Das Niveau dort ist unglaublich.“ Die Lust am Staunen trägt er nach wie vor in sich. „Wenn Copperfield mit einer Zuschauerin auf dem Arm durch den Raum fliegt, dann ist das sensationell“, sagt Heubes.

„Taubenreißer“ (die mit Tieren auf der Bühne hantieren) und „Kistenschieber“ (die Frauen in Holzsärgen durchschneiden) sind seine Sache nicht. Heubes mag es poetisch. „Mir gefällt es, wenn die Wunder im Kopf des Zuschauers entstehen.“

Manchmal möchte er ihnen am liebsten verraten, wie er all die schönen Täuschungen zuwege bringt. „Aber das mache ich natürlich nicht“, sagt er. „Ich möchte das Publikum ja um eine Illusion reicher machen und nicht ärmer.“

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