Bürgerbühne Shakespeare erscheint jungen Liebenden

Im Central startet die neue Bürgerbühne mit leidenschaftlich spielenden Jugendlichen und einem gelungenen Sommernachtstraum.

Bürgerbühne: Shakespeare erscheint jungen Liebenden
Foto: Matthias Horn

Düsseldorf. Shakespeare erscheint leibhaftig. Zuerst hört man nur seine Stimme, dann schreitet er mit Riesenkrause um den Hals aus dem Nebel an die Rampe. „Wie kommen wir aus dieser Nummer wieder raus?“ Die 14-jährige Svea fleht den Dichter an. „Gar nicht“, lautet seine Antwort. So sieht’s nämlich aus, wenn man zwischen 14 und 24 Jahre alt ist, wenn man wochenlang Shakespeares „Sommernachtstraum“ in Kopf und Herz bewegt hat und sich dann knapp zwei Stunden vor 400 Zuschauern überschlägt vor Energie und Leidenschaft.

Weder an den 14 jugendlichen Laiendarstellern noch an den Zuschauern der ersten Bürgerbühnen-Produktion geht „diese Nummer“ spurlos vorüber: Fürs Publikum ist das „Verwirrspiel mit Düsseldorfer Jugendlichen“ frei nach William Shakespeare ein köstliches Vergnügen und eine beeindruckende Leistung. Mit jugendlichem Wahn und sehr viel Witz bringen sie unter der Regie von Joanna Praml den eigenen Probenprozess auf die Bühne: Vom Kennenlernen, zu berauschenden Höhenflügen und verzweifelten Versagensängsten.

In die Dialoge der Jugendlichen mischen sich Zeilen der Textvorlage. Dieses Ding mit der Liebe ist bei Ali, Sophia, Galla und Anne mindestens genau so kompliziert wie die Sache mit Hermia und Lysander, Demetrius, Puck und Zettel und all den andern Herrschern, Liebenden, Elfen und Handwerkern. Die Story zeichnet Finn Leon Cam — der Regisseur im Stück — als Pfeildiagramm an die Tafel, da spart man sich das lange Textlesen. Es geht drüber und drunter und irgendwann kracht an einer Seite die Wand ein — die Jugendlichen sind geschockt: Was wird der Intendant sagen? Warum haben sie nur nicht richtig geprobt? Warum ist das alles so verwirrend mit den Rollen?

„Das mit der Liebe ist echt scheiße!“ Für Svea Hammarlund steht das schon mal fest. Sie ist 14 — ungeliebt, ungeküsst, ungeraucht — die jüngste von allen und will auf keinen Fall den Puck spielen.

Und wie endet sie? Als furioser, leuchtstabschwingender, unheimlicher Verzauberer, der diese Liebeskranken um den letzten Verstand bringt und irgendwann selbst nicht mehr durchblickt. Tausend Fragen hat sie — bis schließlich Shakespeare (Finn Leon Cam) aus dem Nebel tritt und komische wie treffende Antworten liefert. Ein Spiel im Spiel nach bester Shakespeare-Manier gelingt der vitalen Truppe. Als Zuschauer spürt und sieht man, was diesen jungen Frauen und Männern der Auftritt im Central bedeutet. Zudem verkünden sie im Programmheft, wie es um sie steht: Schauspieler wollen einige werden, eine andere hat mit dem Stück ihre große Liebe gefunden und alle fragen sich: Werden wir im Einfamilienhaus enden oder als arme Künstler?

Mit diesem geschickt gebauten und temperamentvollen Abend ist die Bürgerbühne als neue Sparte in Düsseldorf gestartet, die zukünftig an allen Orten des Schauspielhauses in unterschiedlichen Formen auftritt. Wer bei diesen jugendlichen Düsseldorfern das Klischee von gut gemeintem Schülertheater vor Augen hat, dem sei die Aufführung empfohlen, um damit aufzuräumen. Und Angst vor dem Intendanten müssen die Darsteller wohl nicht haben. Ein sichtlich zufriedener Wilfried Schulz war nach dem Applaus als erster bei der johlenden und feiernden Gruppe.

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