Schräg, plüschig, amüsant: Das Savoy wird zehn Jahre alt

Theater: Von Otto Sander bis Fettes Brot, von Kabarett bis Schlager: Stefan Jürging hat Erfolg mit anspruchsvoller leichter Unterhaltung.

Düsseldorf. Als Stefan Jürging 1974 das Spiel der deutschen Nationalmannschaft sieht, wird er Fan des FC Bayern München. Franz Beckenbauer, Katsche Schwarzenbeck, Gerd Müller und Sepp Maier - mehr Gründe muss es für einen achtjährigen Jungen nicht geben, um eine Entscheidung fürs Leben zu treffen. Und ebenso wie es für ihn logischerweise nicht in Frage kommt, den Verein zu wechseln, so kann er sich kein anderes Betätigungsfeld vorstellen als das Theater. Sein Savoy-Theater. "Es ist mein Herzensprojekt", sagt Stefan Jürging.

Vor zehn Jahren hat er das ehemalige Kino an der Graf-Adolf-Straße übernommen, vor sechs Jahren hat er es gekauft. Am 2.Oktober feiern er und sein 16-köpfiges Team das Jubiläum mit einem Künstler, der damals als erster auf der Bühne stand: Tim Fischer.

Jürging fängt früh an im Showbusiness. Als 13-Jähriger hilft er beim Bühnenaufbau von Otto Waalkes, mit 18 fliegt er nach Berlin, um dort ein Konzert mit Joe Cocker klarzumachen. Als er ein Jahr später sein Studium in Düsseldorf aufnimmt, arbeitet er parallel für den Konzertveranstalter Heinersdorff und das Tor3. "Ich wusste immer, dass ich in der Musikbranche arbeiten würde", sagt Jürging, "ich wusste nur noch nicht, wie ich das anstellen würde."

Er hat einen Plan, der vielleicht noch undeutlich, jedoch zu keinem Zeitpunkt bloße Träumerei war. Die ganze Sache konkretisiert sich schließlich zum Ende des Studiums. Am 28.April2000 gibt es im Savoy die letzte Filmvoführung, ,A million dollar hotel’ von Wim Wenders. Zu diesem Zeitpunkt verhandelt Jürging bereits mit dem Betreiber Ufa.

Am Tag seiner Doktorprüfung, dem 6.Juni2000, spricht er noch einmal vor und hat wenig später den Mietvertrag in der Tasche. "Den Film von Wenders habe ich als Erinnerung behalten. Sie hatten die Rolle im Kino vergessen."

Die ersten Künstler, die er in seinem Theater verpflichtet, sind neben Tim Fischer, Helge Schneider und Götz Alsmann. Sie kommen bis heute an die Graf-Adolf-Straße, denn Jürging ist einer, der mit Künstlern gut kann. Der die Nerven behält, wenn es hysterisch zugeht, der nach einer Vorstellung selbstverständlich in die Verlängerung geht, wenn Dieter Hildebrand bei Rotwein und Kalbsleber mit ihm über Fußball plaudern möchte.

Ein Grundsatz des Savoy-Chefs ist, alle Sparten zu bedienen: Musik, Kabarett, Literatur, poetische und weniger poetische Albernheiten. Es gibt ein Publikum für Gitte Haennings Schlager und eines für die Hip-Hoper "Fettes Brot", Cover-Bands von Beatles und Abba finden ihre Anhänger genauso wie Schauspieler Bruno Ganz, der im Januar und Otto Sander, der regelmäßig zu Gast ist.

"Wir machen anspruchsvolle leichte Unterhaltung", sagt Jürging, wenn man ihn nach seinem Konzept fragt. Manchmal leicht schräg, manchmal plüschig. Mehr Lesungen mit Politikern würde er gern anbieten, und er wünscht sich bei seinen Jazz-Abenden Zuwächse. Aber am Ende ist er mit seinen rund 80000 Besuchern jährlich im Alter von 15 bis 70 sehr zufrieden.

Und sie wohl auch mit ihm, sonst hätte der 44-Jährige es vor vier Jahren wohl kaum gewagt, die Immobilie, die nach der Insolvenz der Ufa zu einem Spekulationsobjekt zu werden drohte, zu kaufen. Über den Preis sagt er kein Wort. "Das war eine schlimme Zeit. Wir haben eineinhalb Jahre verhandelt", sagt Jürging. "In dieser Zeit habe ich mich mehrfach von meinem Theater verabschiedet. Ich hatte unglaublich Angst. Aber ich komme aus Ostwestfalen, da bringt man zu Ende, was man angefangen hat."

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