Oper "Hänsel und Gretel": Ein Klassiker lebt unbeschadet weiter

„Hänsel und Gretel“ wird in Düsseldorf schon seit 44 Jahren aufgeführt. Dabei ist das erfolgreiche Stück nie verfremdet worden.

Düsseldorf. Der Nachthimmel öffnet sich und es scheint, als sende das Paradies einen glänzenden Gruß auf die im Dunkeln liegende Erde herab. Auf einem Fleckchen Waldboden schlafen zwei Kinder, derentwillen der Himmel seine helle Botschaft sendet. „Traumpantomime“ heißt die Szene aus Engelbert Humperdincks Kinder-Oper „Hänsel und Gretel“.

14 Schutzengel scharen sich um die Träumenden, die kurz zuvor im Duett den Abendsegen gebetet haben. Das ist die romantischste und rührendste Stelle des Stücks, das nun seit 44 Jahren in der unverändert gleichen Inszenierung des Regisseurs Andreas Meyer-Hanno (1932-2006) von der Oper Winter für Winter wiederaufgenommen wird und ab heute wieder zu sehen ist.

Das zeitlos zauberhafte Bühnenbild schuf Heinrich Wendel (1915-1980), der vielen Düsseldorfern noch für seine geheimnisvollen Projektionskünste in vielen Rheinopern-Produktionen der 60er und 70er Jahre bekannt ist. Kein Intendant, weder Kurt Horres, noch Tobias Richter und auch nicht der heutige Chef Christoph Meyer, brachten es übers Herz, die traditionsreiche Inszenierung zu entsorgen, um sie durch eine neue, „zeitgemäße“ zu ersetzen.

An Regisseuren würde es ja gewiss nicht fehlen. Doch sprechen nicht zuletzt die Besucherzahlen für den Erfolg des Dauerbrenners. Mittlerweile gehen Eltern mit ihren Kindern in „Hänsel und Gretel“, die das Stück schon so erlebt haben, als sie selber noch Kinder waren.

Und Kinder werden ja auch auf der Bühne viele gebraucht, nicht nur im Chor (heute ist es der von Justine Wanat einstudierte Düsseldorfer Mädchen- und Jungen-Chor), sondern auch junge Statisten für die Szene mit den 14 Engeln. Wendels Bühnenbild passt perfekt zu Humperdincks symphonischer Traumpantomimen-Musik mit ihrer erhabenen Ausbreitung des Schutzengel-Themas.

Die Düsseldorfer Inszenierung hat auch Witziges zu bieten, etwa die Tatsache, dass die Partie der Hexe von einem Mann gesungen wird. In dieser Saison ist es der Heldentenor Wolfgang Schmidt, der in die Lumpen der bösen Lebkuchenhaus-Bewohnerin schlüpft, auf einem Besen reitet und mit hexenartig verstellter Stimme singt — erst zuckersüß, dann garstig und bitter.

Andernorts gibt es Inszenierungen, die das Märchen stark verfremden, etwa anstelle der Engel bereits die Hexenküche sichtbar werden lassen. Am Rhein bleibt man davon verschont, und auch manch erwachsener Opernbesucher genießt das unbeschadet erhalten gebliebene Stück Kinder-Romantik.

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