Düsseldorf - Rheinoper Oper: „Der goldene Hahn“ - Ein Märchen zwischen Wahn und Witz

„Der goldene Hahn“ von Rimski-Korsakow bringt Zauberei, Mystik und etwas Albernheit auf die Bühne der Rheinoper.

Düsseldorf - Rheinoper: Oper: „Der goldene Hahn“ - Ein Märchen zwischen Wahn und Witz
Foto: Hans Jörg Michel

Düsseldorf. Ein alter, amtsmüder Zar, debile Söhne, ein braves Volk und fabelhafte Zauberkräfte prägen die Handlung der Oper „Der goldene Hahn“ des russischen Komponisten Nikolai Rimski-Korsakow. Das Libretto basiert auf einem Märchen von Alexander Puschkin und bringt allerhand geheimnisvolle Symbolik auf die Bühne. Jetzt hatte die Neuinszenierung von Dmitry Bertman Premiere an der Deutschen Oper am Rhein.

Der goldene Hahn fungiert dem Zar als eine Art Alarmanlage, die krähend vor nahenden Feinden warnen soll. Ein undurchschaubarer Astrologe hat sie dem russischen Herrscher verkauft, der in ständiger Angst vor kriegerischen Überfällen lebt. Die Handlung wirkt ernst und heiter zugleich. Manche Albernheiten mögen aber auch an der schriftlichen Übersetzung liegen, die während der Aufführung auf den oberen Bühnenrand projiziert wird. An den Zar gerichtete Jubel-Reime wie: „Lass uns deine Stiefel lecken, vor Begeisterung verrecken“ haben schon etwas Satirisches. Ganz zu schweigen von der Posse um Hahn Igor, der kurz vor der Premiere Auftrittsverbot vom Veterinäramt bekam (siehe Seite 15).

Regisseur Bertman zeigt die Handlung teils in zeitloser Bildsprache, versetzt die Szenerie aber oft ins 20. Jahrhundert. So zieht die Königsfamilie beispielsweise im grauen Business-Anzug aufs Schlachtfeld. Reden hält der König im großen Badezuber. Bertman betont unterdessen das heitere Element bis hin zum Slapstick. König Dodon, der Zar, wirkt simpel und farbig zugleich wie eine Comicfigur. Auch die anderen Figuren kommen etwas holzschnittartig daher.

Soweit erscheint die Inszenierung klar. Doch es gibt Ungereimtheiten. Denn nicht alles, was der Regisseur auf der Bühne zeigt, findet sich in Text oder Musik wieder. Dabei entstehen Rätsel, die beim Unterfangen dem Bühnengeschehen zu folgen mit der Zeit ermüden. Dass etwa die königliche Haushälterin während der Abwesenheit des Zaren ein großes Hähnchen verspeist und sich der offene goldene Vogelkäfig leer zeigt, bietet beim Zusehen mehr Spekulationsfreiraum als Verständnishilfe.

Die Stärke Bertmans und der Bühnen- und Kostümbildnerin Ene-Liis Semper liegt in der raffinierten Visualisierung der Szenen. Man arbeitet mit viel Gold und Glitzer. Der goldene Hahn trägt ein glänzendes Federkleid und singt meist vom 1. Rang des Zuschauerraums hinab auf die Bühne. Der Palast der Königin von Schemacha ist derweil eine Mischung aus Venusberg und Peepshow-Raum.

Bei dieser Inszenierung ziehen die Sänger kräftig mit, allen voran Boris Statsenko, der mit der Figur des Zaren seine Paraderolle gefunden hat. Er bringt die Mischung aus Herrscher-Pose und emotionalem Privatmann darstellerisch genau auf den Punkt. Neben seinem Talent zur Komik überzeugt der Buffo-Bariton auch stimmlich sowie mit souveräner Intonation. In der Produktion glänzt noch eine Frauenstimme besonders schön: der Sopran von Antonia Vesenia als Königin von Schemacha. Die Russin, die am St. Petersburger Mariinsky-Theater singt, verfügt über ein weiches Stimmmaterial ohne auffällige Schärfen. Die junge Sängerin ist an der Rheinoper auch als Königin der Nacht in Mozarts „Zauberflöte“ zu hören.

Respektabel auch die vokale und darstellerische Leistung von Eva Bodorová als goldener Hahn. Allerdings besitzt die Rolle des krähenden Federtiers für die Sopranistin wenig Möglichkeit, stimmliche Schönheit zu entfalten. Bis auf die Königinnen-Partie sind alle Figuren als Charakterrollen angelegt. Belcanto ist das nicht.

Mit Renée Morloc als etwas eisern wirkende Zaren-Sekretärin Amelfa gibt es eine weitere Idealbesetzung. Morloc versteht es, das kühl Bürokratische der Zaren-Vertrauten herauszuarbeiten. Tenor Cornel Frey als Astrologe erfüllt ganz die Charakterrolle des ominösen Sternendeuters. Seine Partie liegt teils sehr hoch bis hin zum schrillen Schrei.

Die Düsseldorfer Symphoniker unter Axel Kober spielen äußerst versiert, doch hätte man sich hier und da mehr Expressivität und Klangsinnlichkeit bei der Umsetzung der fantasievoll-romantischen Partitur gewünscht.

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