„Terror Komplex“ NRW-Forum: Bilderwelten islamistischer Propaganda

In „Terror Komplex“ im NRW-Forum zeigt Simon Menner auf erschreckende Weise, wie Islamisten mit westlichen Bildquellen ihren Nachwuchs locken und verführen.

„Terror Komplex“: NRW-Forum: Bilderwelten islamistischer Propaganda
Foto: NRW-Forum

Düsseldorf. Simon Menner (38) hat Kunst in Berlin studiert, aber wie so oft an Kunstakademien den größten Teil des Studiums ohne Professor verbracht. Vielleicht wurde er deshalb so mutig, unkonventionell, unakademisch und neugierig. Seine Ausstellung im NRW-Forum nennt sich „Terror Komplex“ und bezieht sich auf die visuellen Machenschaften von ISS, Taliban und al-Qaida. Kein Salafist hat sich derart viele Propaganda-Videos angeschaut wie er. Er besitzt eine Video-Sammlung mit 600 Gigabytes. Seine Schau im Ehrenhof ist derart spannend und lehrreich, dass man die Schulen mitsamt Lehrern und Eltern schubweise durchs Haus führen müsste.

Vor wenigen Jahren wurden Fotografen in Afghanistan verfolgt, weil sie gegen das vermeintliche Verbot des menschlichen Abbildes im Koran verstießen. Doch das ist längst Schnee von gestern. Heute geht es bei den islamistischen Gruppierungen um die Vormachtstellung in sozialen Netzwerken. Jeder Anschlag wird dokumentiert, jede Hinrichtung ins Netz gestellt. Der unsichtbare Krieg hat eine eigene PR-Abteilung, um richtig zu funktionieren.

Nun verfällt Menner nicht der Verlockung, selbst zum Propagandisten zu werden. Er betreibt Bildforschung. Er zeigt auf erschreckende Weise, wie Islamisten mit westlichen Bildquellen ihren Nachwuchs locken und verführen.

In der Ausstellung hängen harmlose Porträts von Kindern im blühenden Alter zwischen vier und zwölf Jahren. Auch ein europäischer Blondkopf ist darunter. Das dazu gehörende Video erklärt, dass diese Kinder die Gefangenen hinrichten. Und das funktioniert so: Eine Schulklasse lernt in der Wüste den Koran. Der Lehrer lobt sechs Schüler als besonders erfolgreich und belohnt sie mit Waffen. Nun sieht man sie durch eine Ruinenlandschaft rennen und auf Gefangene zielen. Anschließend rennt das auserwählte Kind zurück und übergibt die Pistole dem Nächsten. Menner zeigt nicht die Tötung, aber die Vergleiche mit dem Computerspiel. Da der Künstler ständig die Propaganda erforscht, weiß er eben, welche Kids zu welchem Video gehören, auch mit tief ins Gesicht geschobener Mütze.

Die Botschaft, die er uns ahnungslosen Kunstgängern auf den Weg gibt, ist eine pädagogische. Menner zeigt, wie die ISS-Kämpfer den Bogen von einer traditionellen Zigarettenreklame mit Cowboys über Fernsehkrimis, Gymnastikveranstaltungen und Computerspielen ziehen. Sie wollen junge Männer akquirieren, und das geht nur mit deren Bildsprache.

Aber zugleich gibt es die eigene Zensur, das Bilderverbot einer Frau oder eines nackten Körpers. So werden Hillary Clinton und Angela Merkel weggepixelt. Ein Opfer ist mit zerschossenem Kopf zu sehen, aber nicht mit nacktem Bauch. Eine Massenerschießung zeigt alle Todeskandidaten, nur die nackten Rücken sind ihnen vor dem tödlichen Schuss verunklärt. Die Tötung mag noch so bestialisch sein, wären da nicht krude Moralvorstellungen, die so tun, als sei alles dem Koran entsprechend. Das ist keine schöne Ausstellung. Niemand würde derlei Fotos kaufen. Menner baut zum Lebensunterhalt Ausstellungen, um sich die Bildforschung leisten zu können. Er sucht nach Parallelen zwischen westlicher Welt und der der Salafisten. Eine Bilderwand im NRW-Forum zeigt völlig harmlose Obsthändler, Soldaten und Passanten. Niemand scheint etwas zu erwarten. Doch alle werden nur einen Augenblick später tot sein, denn die Fotos wurden von einer Kamera gemacht, die den Schafschützen begleitet.

Das ist nicht mehr das Bild eines Kriegsjournalisten, dem ein sterbender Soldat vor die Linse kommt. Diese Bilder sind um vieles brutaler. Menner erklärt: „Während der eine zielt, filmt der andere. Es ist wahrscheinlich wichtiger, dass es ein gutes Bild ist, denn es dient der Propaganda. Das ist neu, dass Leute erschossen werden, um ein Bild zu sein.“

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