Tonhalle Düsseldorf Mikis Theodorakis: Hommage an eine lebende Legende

Greece On Tour und die Tonhalle gestalteten einen Abend mit dem bekannten Komponisten Mikis Theodorakis und den Düsseldorfer Symphonikern.

Tonhalle Düsseldorf: Mikis Theodorakis: Hommage an eine lebende Legende
Foto: Susanne Diesner

Düsseldorf. Er komponierte Symphonien, Opern, Oratorien, Kammermusikwerke und Lieder, der griechische Komponist und Schriftsteller Mikis Theodorakis, Jahrgang 1925. Einen Welthit landete er aber nur mit einer kleinen Tanzmusik, dem „Sirtaki“ aus dem Film „Alexis Sorbas“ (1964). Der fast 92 Jahre alte, politisch engagierte Musiker war jetzt zu Besuch in Düsseldorf — als Ehrengast eines Abends in der Tonhalle ausschließlich mit Werken aus seiner Feder.

Zu Gehör kam aber nicht der Sirtaki, nicht einmal als Zugabe, sondern Anspruchsvolleres: seine Zweite Symphonie „Das Lied der Erde“ für Chor, Klavier und Orchester, der 3. Satz (Adagio) aus der Dritten Symphonie für Mezzosopran, Chor und Orchester, sowie eine Ode für Streichorchester namens „Ödipus Tyrannos“. Im vollbesetzten Mendelssohn-Saal gab es schon gleich zu Anfang einen donnernden Applaus für Theodorakis, der in der Rollstuhlreihe seinen Besucherplatz eingenommen hatte.

Im Publikum saßen unter anderem viele Griechen, auch der griechische Generalkonsul Grigoris Delavekouras, der ein Grußwort sprach. Denn Theodorakis ist eine Symbolfigur für den demokratischen Widerstand in der einst auf Abwege geratenen Wiege der Demokratie. Der Komponist wurde während der griechischen Diktatur 1967 verhaftet und gefoltert, 1970 immerhin ins französische Exil entlassen. Das Aufführen und Hören der Musik von Theodorakis stand in seiner Heimat aber unter Strafe. Erst 1974, nach dem Sturz der Diktatur, konnte der Komponist bei seiner Rückkehr nach Griechenland als Volksheld gefeiert werden. Bis heute ist Theodorakis eine politische Persönlichkeit und kritischer Geist. 2012 nahm er, bereits im Rollstuhl sitzend, in Athen an einer Demonstration gegen die Troika teil. Dabei wurde er durch eine Ladung Tränengas im Gesicht verletzt.

Unter den Gästen war viel politische Prominenz, darunter Landesminister sowie Oberbürgermeister Thomas Geisel. Der OB würdigte Theodorakis als Jahrhundert-Figur. „Er sollte uns allen Vorbild sein“, sagte Geisel in seiner Begrüßungsrede.

Nun ist Theodorakis trotz aller politischen Meriten hauptberuflich Komponist. Seine 65 Minuten dauernde Zweite Symphonie bietet in ihrer freitonalen Schroffheit schwere Kost. Werke dieser Art finden selten ein so großes Publikum wie jetzt. In der 1980 entstandenen Symphonie ballen sich die Erfahrungen schmerzhafter Situationen, wie Theodorakis selbst im Programmheft schreibt. „Darum hört man in diesem Werk so oft leidvolles Schreien und Brüllen, erlebt aber auch seelische Euphorie“, so Theodorakis weiter.

In der Tat drückt die Musik viel Unheilvolles aus. Sie beginnt mit einem sarkastischen Marsch, in meist dunklen Orchesterfarben. Hohe Streicherklänge bringen keine freundliche Helligkeit, sondern wirken mehr wie grelles Aufschreien. Musikalisch hat Theodorakis im Jahr 1980 allerdings nicht wirklich Neues zu sagen. Perkussive Stellen klingen wie ein schwacher Strawinsky, Harmonien wiederholen sich in einem großen Verschiebebahnhof baugleicher Akkorde. Theodorakis’ Biografie ist denn doch ein wenig stärker als seine Musik. Die Aufführung durch die Düsseldorfer Symphoniker und den Städtischen Musikverein unter der Leitung des schweizerischen Dirigenten und Avantgarde-Experten Baldur Brönnimann gelingt unterdessen technisch tadellos. Es gibt begeisterten Beifall nicht nur für die Ausführenden. Der Saal jubelt vor allem dem alten Herrn in der Rollstuhlreihe zu, der gerührt im Blitzlichtgewitter der Handy-Kameras sitzt.

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