Kunstberater Helge Achenbach: „Ich plane keinen Rachefeldzug“

Der Kunstberater Helge Achenbach erwähnt im neuen Buch nicht Immendorffs Witwe, verrät aber, dass er die Partys des Freundes finanziert hat.

Düsseldorf. Helge Achenbach zieht nach 40 Jahren als Kunstberater eine erste Bilanz seines Lebens in einem Buch im Cantz-Verlag. Jörg Immendorff kommt darin zwar kurz weg — aber die sechs Seiten haben es in sich. Ein Interview mit dem Mann, der sich „Kunstanstifter“ nennt.

Herr Achenbach, sieben Jahre nach dem Tod von Jörg Immendorff gibt es diverse Prozesse, die Immendorffs Witwe Oda Jaune auch gegen Sie führt. Der jüngste Fall wird gerade vor dem Handelsgericht in Zürich geführt. Führen Sie nun einen Rachefeldzug gegen Immendorff in Ihrem jüngsten Buch?
Helge Achenbach:
Der Prozess in Zürich läuft gegen die Galerie, nicht gegen mich. Ich bin dort nur Berater. Ich plane auch keinen Rachefeldzug gegen Immendorff. Er war immer mein Freund und wird mein Freund bleiben. Basta.

Nach den Ausführungen im Buch waren Sie es, der seine wilden Partys mit Kokain im Steigenberger Parkhotel bezahlte. Freiwillig oder unfreiwillig? Wie kam es dazu?
Achenbach:
Jörg rief mich an und sagte: Helge, ich habe nur noch eine Chance zum Überleben von meiner ALS-Krankheit: Ich brauche eine spezielle Blutwäsche. Es gibt eine Ärztin, die kommt aus Russland in die Eifel. Eine Blutwäsche kostet 20 000 oder 25 000 Euro. Tu mir den Gefallen und schieß mir das Geld vor.

Sie haben nicht geahnt, wofür es tatsächlich war?
Achenbach:
Nein. Mein Buchhalter ist ganz brav zum Jörg gefahren und hat ihm das Geld gegeben. Und Jörg hat eine Quittung unterschrieben. Das hat er ungefähr 20 Mal gemacht in all den Jahren, als er krank war. Und ich habe immer geglaubt, dass er es für seine Blutwäsche braucht.

Wie kam dann die Lüge heraus?
Achenbach:
Ich saß schon morgens im Gerichtssaal, als Immendorffs Kokainpartys im Steigenberger Parkhotel verhandelt wurden. Ich wollte ihm durch meine Nähe meine Freundschaft zeigen. Als der Staatsanwalt dann die Termine vorlas, in denen die Partys stattfanden, ergaben sie einen Rhythmus: März, April, Mai, Juni, etc. Ich wurde stutzig und habe die Daten aufgeschrieben und meinen Buchhalter gebeten, er solle gucken, wann der Immendorff damals Geld bekommen hat. Die Daten waren deckungsgleich.

Sie waren völlig ahnungslos? Wie lief das konkret?
Achenbach:
Jörg rief mich mittwochs an, donnerstags bekam er das Geld. Er wollte ja immer Bargeld haben. Für uns war das ganz normal. Nach dem Prozess sagte ich ihm: „Hör, Jörg, du bist ja ein echtes Kameradenschwein. Und er sagte: ,Jaja, komm; es ist alles in Ordnung.’ Aber diese Fantasie von ihm zu sagen, das Geld brauche er für eine Ärztin, die die Blutwäsche macht. Das war schon doll.

Sie erwähnen die Witwe Oda Jaune mit keinem Wort?
Achenbach:
Wieso sollte ich? Es geht um Impressionen, Gespräche und Begegnungen mit Künstlern.

Wie haben Sie das Geld für die sogenannten Blutwäschen verrechnet?
Achenbach:
Mit Bildern und Skulpturen. Das war kein Thema. Jörg war ja immer klamm bei Kasse, zeit seines Lebens.

Sie planten für Düsseldorf ein großes Projekt mit Immendorff und Beuys. Wieso wurde nichts daraus?
Achenbach:
Ich bekam 1983/84 den Auftrag, ein Konzept für die Landeszentralbank zu machen. Ich schlug Beuys und Immendorff vor. Beuys hatte die Idee für die Straßenbahn-Haltestelle, und Jörg wollte das Berliner Tor aufstellen. Beides tolle Ideen.

Wieso fiel das Projekt aus?
Achenbach:
Die Landeszentralbank musste mit der Stadt reden. Und der damalige Oberstadtdirektor Gerd Högener sagte nur: „Um Gottes willen! Sachen von Beuys und Immendorff gehen überhaupt nicht. Da muss ein Heinz Mack hin.“

Bekommt Düsseldorf in Ihrem Buch das Fett weg?
Achenbach:
Mein Buch reflektiert meine Aktivitäten, die ohne Düsseldorf nicht möglich wären. Düsseldorf hat den großen Schatz, die Akademie. Dort lernte ich, wie ein Künstler zu agieren.

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