Katie Melua klingt wie aus einem anderen Universum

Die Musikerin verzückt charmant und mit Klasse 3000 Zuschauer in der Halle an der Siegburger Straße.

Düsseldorf. Die Außerirdische kommt um 21 Uhr zur Hintertür rein: Katie Melua schiebt nur kurz den roten Bühnenvorhang zur Seite und ist da. Man schreckt auf und möchte schwören, dass sie die paar Meter bis hin zum Mikrofon schwebt. Keine Ansage. Kein Atemholen. Sofort serviert sie den gut 3000 Zuschauern in der bestuhlten Halle an der Siegburger Straße ihren Welthit „Piece by piece“.

Katie Melua ist zwar klein und ihre Akustikgitarre, auf der sie die ersten Songs ganz allein spielt, viel zu groß. Aber sie ist eine Erscheinung im lila Glitzerkleid und mit wallendem, schwarzen Haar. Wie gesagt: Sie ist wie ein Alien, dessen Fans 100 Minuten lang mucksmäuschenstill und wie in Trance die Oberkörper genussvoll im meist gemächlichen Takt schwingen lassen.

Ein Alien, das sich umgeschaut hat, seitdem es vor 28 Jahren auf unsere Erde kam und alles, was es an Musik hörte, in sich aufgesogen, analysiert und besser als jeder andere wieder von sich gegeben hat: Jazz, Folk, Blues, Soul, Funk, Country, Klassik, Pop, sogar ein wenig Rock. Und: Ob aus Ost oder West, das ist egal. Schön ist schön. Alles andere ist Nebensache. Sogar die tolle Band mit Streichquartett, die nach drei Songs auftaucht.

Und doch ist Melua eigentlich Katie und eine von denen, die da unten sitzen: In Georgien geboren und mit acht nach Großbritannien gezogen, plappert sie zwischen den Liedern über ihre Oma. Mit der hat sie damals — wenn mal wieder der Strom ausfiel und das Licht ausging im ärmlichen Haus ihrer Kindheit — musiziert. Katie: Gesang. Oma: Klavier.

Außerdem erzählt sie von ihrer Hochzeit vor eineinhalb Monaten — ein wenig verschämt, weil sie all die verliebten Männer im Publikum vergrätzen könnte. Aber keine Sorge: Wer will denn Katie beim Chipsknabbern auf der Couch erleben, wenn er sie im idealen Moment erleben und auf der Bühne singen hören und tanzen sehen kann?

Sowieso: Die meisten, die an diesem Abend gekommen sind — einem Abend, an dem mehr edler Wein aus Plastikgläsern als Bier aus Plastikbechern geschlürft wird —, sind nicht alleine da: Sie haben den liebsten Menschen dabei, mit dem sie seit Jahren mitten im Leben stehen. So wie Verena (55) und Wolfgang (57) etwa.

Die beiden Kölner schauen entweder verträumt sich oder begeistert Katie Melua an, wenn die mehrfache Echo- und Brit-Awards-Gewinnerin über eine komplette Oktave hinweg und entweder rau und tief oder sanft und hoch von Liebe singt. Bei den Zugaben setzt sich Katie Melua an den Flügel und stimmt eine fast schon anbetungswürdig intensive Version von „What I Miss About You“ an.

Wolfgang zückt das Mobiltelefon und nimmt ein paar Sekunden als Video auf. Es ist der Beweis für die da draußen, die wahrscheinlich etwas Weltliches getan und Champions-League geguckt haben: Sie war da. Sie existiert. Und sie klingt wie aus einem anderen Universum.

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