K 21: Mucha erklärt das Deutschlandgerät

Die Installation des Künstlers soll im K21 abgebaut werden.

Düsseldorf. Reinhard Mucha, einer der wichtigsten Künstler der 80er Jahre und Teilnehmer der Quadriennale 2010, gerät mit seinem "Deutschlandgerät" in die Diskussion. Die neue Leiterin der Kunstsammlung, Marion Ackermann, möchte es aus dem K21 versetzen, um Platz für neue Kunst zu schaffen. Darf man das überhaupt?

Wir trafen Mucha in seinem Atelier an der Kölner Straße 170. "Das ist Ersatzboden, auf dem Sie jetzt hier herumlaufen. Der echte Boden ist in K 21." Er wurde ins "Deutschlandgerät" eingearbeitet, das 1990 auf der Biennale in Venedig Furore machte.

Die veränderte Installation steht im Plenarsaal des ehemaligen Landtags, der als Kubus in die historische Hülle eingefügt wurde. Ein idealer Ort für den Künstler, der den schmalen Grat zwischen architektonischer Realität und künstlerischer Konstruktion liebt.

In der Kopie des Plenarsaals steht sein nachgebautes Atelier, mit dem Grundriss und Maßstab seines Originals. Und in den 27Vitrinen, die er als Wandverkleidung gestaltet hat, wird der Fußboden der Kölner Straße in Teilstücken zur Schau gestellt.

"Jedes Stück zeigt Lebens- und Arbeitsspuren", sagt er. Kann man so etwas einfach herausschlagen? Neu bauen? Inzwischen hagelt es Protestbriefe von Galeristen und Museumsleuten an die Adresse von Marion Ackermann.

Selbst sein Haus an der Kölner Straße, 1908 erbaut, ist mehr als nur ein Ort zum Leben und Arbeiten. Es ist Paradebeispiel dafür, wie Mucha seine Kunst mit seinem Ort verzahnt. Er sagt: "Das ist ein besonderes Haus, wo die Toten Hosen ihr Büro hatten und einige Documenta-Teilnehmer ein- und ausgegangen sind. Auch Tatort wurde hier gedreht."

Was es mit dem Gebäude auf sich hat, ergibt sich aus der Fassade: Die Platten über dem Eingang, das Schild mit dem Baujahr, seinen vormaligen Inhabern und Firmen ist "reinster Mucha". Zwei Jahre Zeit verwendete er allein für Briefkästen, Haustür und Sandstein-Fassade. Auch die neue Eingangstür ist Rekonstruktion, innen Mahagoni, außen Eiche.

Mucha ist ein Perfektionist der Kunst, ein Handwerker im besten Sinne, der die Anschaulichkeit bis an jene Grenze führt, wo Kunst und Realität zusammenfallen. Er hatte als Maschinenschlosser begonnen, bevor er Meisterschüler von Klaus Rinke wurde. Aber er ist zugleich Konzeptkünstler, der mit doppelten Rahmen, Passepartouts, Schaukästen, Glasscheiben und Leinwänden arbeitet.

Sein erstes "Kunstwerk" war 1978 kein Bild und keine Skulptur, sondern eine Mauer aus Hohlblocksteinen. Niemand identifizierte sie als Kunst, zumal Kommilitonen dort ihre eigenen Sachen aufhängten. Damals wie heute beobachtet Mucha die Besucher: "Sie denken, das sei keine Kunst. Es sieht eben nicht sofort wie Kunst aus. Das ist die Schwierigkeit. Ich spiele mit der Grenze zwischen Ästhetik und Realität."

Warum aber nennt er sein Werk Deutschlandgerät? Seine Antwort: "Deutschlandgerät ist ein hydraulisches Werkzeug, um schwere Lasten anzuheben oder Schienenfahrzeuge wieder auf die Gleise zu stellen. In der Umbruchzeit nach 1989 war der Titel eine Anspielung auf die politische Situation in Deutschland."

Da ist sie wieder, die Verbindung von Alt und Neu, Vergangenheit und Gegenwart, Funktions-, Erinnerungs- und Gedankenräumen. Marion Ackermann täte gut daran, Muchas doppelten Boden in der Kunst zu respektieren.

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