JSO und Musikverein lassen alte Meister in der Tonhalle aufleben

Das Jugendsymphonieorchester der Tonhalle und der Musikverein mit Werken von Oskar Gottlieb Blarr und Ludwig van Beethoven.

JSO und Musikverein lassen alte Meister in der Tonhalle aufleben
Foto: Susanne Diesner

Düsseldorf. Zwei anspruchsvolle Kompositionen haben das Jugendsymphonieorchester (JSO) der Tonhalle und Dirigent Ernst von Marschall aufs Programm gesetzt: Die Symphonie Nr. 2 „Jerusalem“ des Düsseldorfer Urgesteins Oskar Gottlieb Blarr (geb. 1934) und die „Neunte“ von Ludwig van Beethoven. Zum jungen Orchester gesellte sich ein alter Traditions-Chor, der Städtische Musikverein.

Hürden und Tücken gibt es in beiden Symphonien genug: Mit Blarrs recht komplexer, atonaler Klangwelt betreten junge Musiker neues Terrain. Und Beethovens letztes symphonisches Vermächtnis hat für jede Instrumentengruppe, allen voran die Blechbläser, harte spieltechnische Nüsse zu knacken.

In der gut besuchten Tonhalle, wo sich zu den Jugendkonzerten der Reihe „Big Bang“ auch viele junge Zuhörer einfinden, kamen beide Werke merklich gut an. Auch Blarrs sperrige Komposition fand hörbar starke Zustimmung. Dirigent Ernst von Marschall hatte zuvor ein paar einleitende Worte gesprochen. Er erklärte die Bedeutung von Blarrs Jerusalem-Symphonie und machte auf musikalische Besonderheiten aufmerksam, etwa darauf, dass sich die Trinität der Abraham-Religionen in der Struktur des Werkes spiegelt.

Nun ist Ernst von Marschall dafür bekannt, dass er mit seinem JSO musikalisch gerne hoch pokert. Er traut den jungen Leuten im Orchester viel zu und fordert sie entsprechend heraus. Das Resultat erwies sich jetzt als durchwachsen: Auf jeden Fall vermag der langjährige Orchesterleiter gut zu koordinieren. Heikle Passagen der Beethoven-Symphonie gelangen souverän, nichts flog auseinander. So punktete die Aufführung durch den großen Zusammenhalt und auch durch die musikalische Gestaltung. Spannungsbögen kamen klar zur Geltung, auch wenn mancher Akzent noch etwas zaghaft wirkte.

Manko der Darbietung war die spieltechnische Überforderung der Instrumentalisten. Ungenauigkeiten, kleine Spielfehler, Intonationstrübungen tauchten flächendeckend auf und ergaben das Bild eines bunten Flickenteppichs. Allerdings riss die Textur nicht, was natürlich der pädagogisch verdienstvollen Stabführung des hoch engagierten Dirigenten zu verdanken ist. Der Musikvereins-Chor sang seinen Part derweil klang- und kraftvoll, sauber und differenziert. Vokal blieb kein Wunsch offen. Auch das Gesangssolisten-Quartett machte einen tadellosen Eindruck — vor allem die Sopranistin Christine Hoffmann, die kurzfristig (und ohne Probenmöglichkeit) für die erkrankte Anke Krabbe einsprang.

Etwas ungewöhnlich: Die Aufteilung des Programms. Aus musikphilosophischen Gründen erklang der 1. Satz der Beethoven-Symphonie unmittelbar nach dem Blarr-Stück, so dass der Komponist auch erst danach den Applaus entgegen nehmen konnte. Nach der Pause folgten dann Beethovens Sätze zwei bis vier. Die hinter solchen Entscheidungen stehenden Gedanken, haben zwar ihre Berechtigung, doch die Auflösung geistiger Geschlossenheit von musikalischen Kunstwerken führen am Ende unweigerlich zu inhaltlichen Verlusten. Starker Beifall im Mendelssohn-Saal.

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