Helge Schneider in der Tonhalle: Ein herrlicher Kindskopf

Helge Schneider ist Tänzer, Sänger und Anglist. Vor einer ausverkauften Tonhalle zeigte er sich in Höchstform.

Düsseldorf. Normalerweise ist es ja Helge Schneider, der allen Leuten in seiner Gegenwart die Schau stiehlt. Schneiders Präsenz und seine unnachahmliche Art der "Gesprächsführung" stellen auch erfahrene Bühnenkollegen üblicherweise binnen Minuten ins Abseits.

Doch bei seinem Auftritt in der ausverkauften Tonhalle am Sonntagabend, diesmal unter dem Motto "Komm, hier haste ’ne Mark", gibt es tatsächlich jemanden, der den fast 55-Jährigen Helge Schneider in den Hintergrund treten lässt.

Nur mit einem kleinen Plastikstuhl bewehrt, macht sich diese Person auf der Bühne zu schaffen und zieht binnen Sekunden sämtliche Augen auf sich. Doch richtig böse sein kann Helge seiner Konkurrenz sicher nicht - schließlich handelt es sich um seine kleine Tochter Frieda, die da mit ihren zweieinhalb Jahren hinter dem Papa herumturnt.

Helge Schneider ist selbst immer noch ein herrlicher Kindskopf, er kaspert in seinem blauen Anzug und den im Seitenscheitel angeklatschten langen Haaren herum wie ein Clown, der im Kindergarten zu Besuch ist.

Neben Vater und Tochter bevölkern die Bühne noch weitere ulkige Gestalten, von dem noch einigermaßen normal wirkenden Pete York am Schlagzeug, den schon etwas kauzigeren Rudi Olbrich am Bass und Jochen Bosak am Klavier über Gitarrist Sandro Giampetro in rot glänzendem Samtanzug und Zylinder ("Er macht nebenher eine Ausbildung zum Totengräber") bis zu Teekoch Bodo in Livree und Perücke ("Könnte auch Haydn sein").

Vervollständigt wird das Panoptikum der schrägen Vögel wieder von dem irrwitzigsten Menschen, den Schneider je ausgegraben hat, Sergej Gleithmann. Ihn und seine Performance angemessen zu beschreiben, ist schier unmöglich. Zu berichten, wie er mit seinem ZZ Top-Bart, Halbglatze und dem schulterlangem Resthaar in viel zu kleinen Nicki-Overalls oder Gymnastikanzügen tanzt, über die Bühne zappelt oder auch menschliche Kanonenkugel spielt, kann das Erlebte nicht angemessen einfangen.

Kopfschüttelnd und atemlos vor Lachen ist der Saal damit beschäftigt zu verstehen, wessen man da gerade ansichtig wurde.

In den fast zweieinhalb Stunden zeigt Helge Kostproben von allem, was ihn in den vergangenen fast 20 Jahren berühmt gemacht hat: Sich selbst widersprechende Sätze, versägte Pointen, das Spielen des talentlosen Tänzers, Sängers und Anglisten ("My english is good. Enough. For me").

Nur wenn’s um Musik geht, macht Schneider Ernst, seine Mitmusiker müssen bei Liedern wie "Fitze Fatze", "Es hat gefunkt bei mir" oder "Mood Indigo" in Super-Zeitlupe stets auf der Hut sein, um dem Chef folgen zu können.

Auch die mit Affen-Handpuppe gespielte Trompete oder seine Udo Lindenberg-Parodie holt Helge hervor, erzählt von einer Polarexpedition, die er 6,3 Zentimeter vor dem Ziel abbrechen musste, oder schildert Szenen einer Ehe in Berlin, "wo Frau Merkel ruft: Hol mir mal den Hornhauthobel". Kaum zu glauben, dass Frieda so etwas jeden Tag erlebt.

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