Hans-Jürgen Hafner: „Kunst muss vermittelbar sein“

Der neue Leiter des Kunstvereins stellt sich im WZ-Gespräch vor.

Düsseldorf. Der Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen hat einen neuen Leiter: Ab dem 1. September führt der Literatur- und Geschichtswissenschaftler Hans-Jürgen Hafner (38) die Geschäfte. Bislang arbeitet er in Berlin als Kritiker und Kurator.

Herr Hafner, Sie haben bislang noch kein Kulturinstitut geleitet. Wie haben Sie die Düsseldorfer Jury überzeugt?

Hafner: Ich habe ihr erklärt, wie genau ich die Kunst betrachte, wie ich versuche, ihre Eigenart und ihr Potenzial herauszustellen.

Der Kunstvereins-Vorsitzende Georg Kulenkampff nennt Ihre Ausstellungen „höchst pointiert“. Wie ist Ihre Handschrift?

Hafner: Ich widme mich handfesten Problemen. Beim Artforum vor drei Jahren in Berlin schaute ich mir die Kunst unter ihrer Doppelgesichtigkeit an — als Werk und Ware. Die Ausstellung sollte sich ihres Warencharakters sehr bewusst sein.

Der legendäre Galerist Konrad Fischer holte in den 60er Jahren die internationale Szene in die Kunsthalle, als Ko-Kurator. Würden Sie mit Galerien zusammenarbeitet, um Konzepte zu präsentieren?

Hafner: Wenn ich einen Händler sehe, der ein Anliegen durchzudrücken hätte, unbedingt. Sonst mache ich die Sache lieber selber. Galerien wie Fischer gibt es heute eher selten.

Womit haben Sie sich in Düsseldorf beworben?

Hafner: Mit meiner Ausstellung „Risikogeschäfte“. Der Arbeitstitel kam, weil ich mir den Kunstmarkt der letzten zehn Jahre anschauen will. Ich möchte wissen, warum der kritische Inhalt von Kunst so hoch gehandelt wird. Kritische Kunst wird vielfach ganz erfolgreich verkauft.

In Düsseldorf ist man skeptisch gegenüber der Konzeptkunst, nachdem Ihre Vorgängerin Vanessa Müller sich fast ausschließlich darauf konzentriert hat. Ist Ihre Auswahl optisch erlebbar?

Hafner: Die beste Idee ist nichts, wenn sie nicht vermittelbar ist. Ich habe ein gesundes Misstrauen der Konzeptkunst gegenüber. Ich bin nicht dazu da, alles, was mir als Kunst unter die Nase gehalten wird, für Kunst zu halten.

Werden Sie die rheinische Szene präsentieren, wie aus dem Namen „Kunstverein für die Rheinlande und Westfalen“ hervorgeht?

Hafner: Das wäre zu knapp bemessen. Das Rheinland hat extrem viele Galerien, Museen und Kunsthallen. Es ist die ideale Förderlandschaft. Ich will mir natürlich die Szene angucken, aber ich werde nicht die global verwertbare, fast schon an jeder Ecke hängende Kunst bevorzugen. Das überzeugt mich nicht. Ich bin sicher, dass ich im Rheinland etwas finde, auch im Rückblick in die Vergangenheit. Ich bin ein großer Fan der Düsseldorfer Künstlerin Chris Reinecke.

Reinecke wurde schon ausführlich vorgestellt. Es gibt aber viele Positionen, die hier noch nicht gezeigt worden sind. Was haben Sie vor?

Hafner: Um bei „Risikogeschäfte“ zu bleiben: Ich werde an das historische Kunstmarktzentrum in Düsseldorf anknüpfen. Mich interessiert, warum Künstler wie Alfred Schmela, Konrad Lueg, Linn Lünn oder Daniela Steinfeld zu Galeristen wurden, oder warum sie kuratorisch arbeiteten. Ich will nach früheren wie heutigen Gegebenheiten fragen. Ich denke aber auch an Einzelschauen.

Was fasziniert Sie am Kunstverein?

Hafner: Das Haus ist wunderbar umklammert von Kunsthalle und Salon. Die Ausgangsbedingungen sind phänomenal. Ich hoffe auch sehr auf einen sinnvolle Zusammenschluss mit der Akademie.

Was machen Sie derzeit?

Hafner: Ich habe meine Lehrverpflichtung in Stuttgart in der Merz Akademie, der Hochschule für Gestaltung, gerade beendet. Ich suche mir eine Wohnung in Düsseldorf und ziehe im August mit meiner Partnerin um. Am 1. September beginnt mein Arbeitsvertrag. Zunächst wickle ich zwei Projekte von Vanessa Müller ab und lege dann im Februar die erste eigene Ausstellung vor.

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