Forum Freies Theater: Gewalt, Sex und Langeweile

Angelehnt an Jaques Doillons „Kleine Brüder“ erzählen Schüler, was sie bewegt. In der Bühnenfassung wechseln sich Film- und Real-Szenen ab.

<strong>Düsseldorf. "Du hast aber einen süßen Hund!", baggert einer von drei Jungen im Park ein Mädchen an. Doch Franzi hat andere Dinge im Kopf. Sie hat Streit daheim. Von da ist sie abgehauen. Jetzt sucht sie einen Schlafplatz. Sie darf mit in die WG, aber nur für eine Nacht. Film Ende. Junge Männer in Baseballcaps, Jeans und T-Shirts singen "You’re freaky, but I like it". Es sind die Drei von der Parkbank aus dem Film. Die Leinwand wird zur Seite gezogen, vier Mädchen, begleitet von einem Hund, debattieren, ob die "Fremde" bei ihnen unterschlüpfen darf. Es sind Motive aus Jacques Doillons Film "Kleine Brüder" (1998), an denen sich neun 14- bis 16-jährige Düsseldorfer Hauptschüler orientierten, um gemeinsam mit Regisseur Ingo Toben ihre persönliche Fassung zu erarbeiten. Die Umsetzung ihrer Sorgen, Ängste und Freuden jenseits der Erwachsenenwelt wurde von der Videokünstlerin Kamila Kurczewski verfilmt, die Songs gemeinsam mit dem Komponisten Christoph Grothaus erarbeitet. In der Bühnenfassung wechseln sich Film- und Real-Szenen ab. Beeindruckend ist es, wie überzeugend und selbstbewusst die jungen Laien vor nahezu ausverkauftem Haus agieren. Und es wird klar, dass sie in ihrer eigenen Sprache von dem berichten, was sie bewegt: Freundschaft, Liebe, Loyalität, Sexualität, Verrat, Langeweile, Gewalt. "Ich mach’ mir voll Sorgen um dich", versucht einer die traurige Franzi zu trösten. Ihr Hund wurde gestohlen. Der Junge war am Diebstahl beteiligt. Tausend Euro hatte man sich aus dem Verkauf erhofft, doch es springen nur 600 heraus. Als die Mädels sich um ihren Anteil betrogen sehen, schmieden sie Mordpläne. Zwei Menschen hat man schon getötet, jetzt klagt die eine über Alpträume. Ihre Freundin baut sie auf: "Sie haben es verdient. Wir hatten Spaß dabei. Werde locker. Schüttele deinen Körper." Wie humorvoll die beiden ihren Dialog zur Planung eines Kapitalverbrechens meistern, das ist erleichternd. Offensichtlich existiert auch eine Komponente der Vergebung auf der Straße, denn der Mord wird nicht vollzogen. Nicht in diesem Stück. "Vom Tierheim klauen ist okay", sagt auch Franzi einlenkend, als man ihr Ersatz für den verlorenen Hund verspricht.So endet das Stück mit einer angetrunkenen Mädchenclique, die sich offensichtlich gut versteht. Großer Applaus für alle Beteiligten.

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Mitwirkende: Sabrina Nastasia Becker, Franzi Daryl Braun, Marnia Czapski, Mohamed El Masry El Bahrawi, Stefanie Marx, Zivorad Radosavljevic, Julia Rotondo, Amy Steinbart-Bill, Anestis Tanis, Regie: Ingo Toben, Musik: Christoph Grothaus, Video: Kamila Kurczewski, Bühne: Moritz Pankok

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