Esskunst: Bankett mit Daniel Spoerri

Die Eat Art wurde vor 42 Jahren in Düsseldorf aus der Taufe gehoben, im Restaurant Spoerri. Daran erinnerte jetzt ein Festessen.

Düsseldorf. Daniel Spoerri ist auch mit 80Jahren ein Rattenfänger der Künstler und Kunst-Fans geblieben. Im ehemaligen Speisesaal des Nonnenklosters Haus Maria Theresia lud er zum Bankett in Erinnerung an sein Spoerri-Restaurant am Burgplatz.

Eat-Art, Ess-Kunst, das war 1968 im Zeitalter der Protestbewegung der Neuanfang einer Kunst, die nicht nur das Auge ansprach, sondern alle fünf Sinne. Damals gab es Bärenfleisch aus der Berner Bärengrube, heute kredenzte Victorian-Chef Volker Drkosch noble Fisch- und Fleischgerichte, wie sie in seinem Schlemmer-Restaurant üblich sind.

104 Leute speisten, unter ihnen Ulrike Groos und Gregor Janssen, die in der Kunsthalle gerade die Eat-Art-Ausstellung präsentieren. Spoerri stufte seine Gäste über ein Würfelspiel in Arme und Reiche ein. Die Armen nahmen an Holztischen Platz und aßen ein Linsengericht, die Reichen erhielten Speisen der Nouveau Cuisine. Spoerri liebt den Zufall, hat er ihm doch in seinem langen Leben so häufig mitgespielt.

Der Wanderer zwischen Ost- und Westeuropa wurde 1930 in Rumänien geboren, der Vater war Jude und wurde von den Nazis ermordet. Die Mutter war Deutsche und floh mit der restlichen Familie in die Schweiz. Spoerri studierte in Paris Ballett, wurde Solotänzer in Bern, geriet in die Berner Kunstszene um Karl Gerstner, der über die Werbeagentur GGK in Düsseldorf seine Freunde aushielt.

1968 stand Spoerri mit leeren Taschen vor ihm, erhielt über eine Bürgschaft von Gabriele Henkel die Konzession für sein Restaurant und holte Schweizer Freunde wie André Thomkins, Dieter Roth, Dorothee Iannone an den Rhein.

Spoerri kochte nie selbst, sondern ließ kochen. Er liebte Menue-Travestien, etwa ein Kartoffelbrei-Eis mit Fleischpralinen, um "Geschmacksempfindungen umzuleiten". Heute sagt er in Schweizerdeutsch: "Es ging um die Entkoppelung und die Verwirrung zwischen Sehen, Schmecken und Riechen."

Er lernte Joseph Beuys kennen, aß bei ihm Heringe und wunderte sich: "Beuys schmiss keine Gräten weg, weil sie Calzium enthielten, sondern briet sie in Öl." Spoerri überredete ihn zum "Freitags-Objekt", einer Gräte im Kasten.

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