Die Symbolik des Schreckens

Premiere von Francis Poulencs „Dialogues des Carmélites“ an der Deutschen Oper.

Düsseldorf. Die Darstellung einer Hinrichtung von Ordensfrauen auf dem Schafott der Französischen Revolution ist in der Geschichte des Musiktheaters einmalig.

Der Franzose Francis Poulenc (1899-1963) komponierte Mitte der 50er Jahre nach dem gleichnamigen Schauspiel von Georges Bernanos die Oper "Dialogues des Carmélites" ("Gespräche der Karmeliterinnen") und schuf damit ein Bühnenwerk, bei dem man ehrfürchtig erschaudern kann.

In der Inszenierung des flämischen Regisseurs Guy Joosten an der Deutschen Oper am Rhein wirkt der Schrecken der Handlung abgemildert durch eine stilisierende Darstellung. Die Bühne (Johannes Leiacker) wirkt kühl und karg durch die Reduzierung auf wenige Gegenstände von zentraler Symbolkraft. Das feudale Elternhaus der jungen, zartbesaiteten Blanche ist markiert durch ein riesiges Bücherregal von dunkel edelhölzerner Pracht.

Ein großes, in der Höhe schwebendes Kruzifix beherrscht das ansonsten schmucklose Innere des Karmeliter-Klosters, in das Blanche aus Furcht vor dem irdischen Leben flieht. Am Ende prägen Bilder der Zerstörung die Bühne.

Das Kreuz Christi liegt zuletzt zerhackt und halb verbrannt am Boden. Doch Szenen unmittelbarer Gewalt bleiben aus. Selbst die Hinrichtung der Ordensschwestern durch die Guillotine erfährt eine Ästhetisierung. Schneidender Stahl und zu Boden fallende Köpfe werden nur durch Geräuscheffekte erfahrbar.

Zu sehen sind lediglich nacheinander von der Decke hinabschnellende schwarze Bänder und einzeln abtretende Schwestern. Mit solch undramatischer, aber eindringlicher Symbolik entspricht Joostens Inszenierung Poulencs Kunst der elegischen Überhöhung des Schreckens.

Großen Anteil an der packenden Wirkung haben die Sänger. Gaststar Anja Silja spielt die sterbende alte Priorin mit eindrucksvoller Würde. Ihre darstellerische Eloquenz zählt in dieser Rolle mehr als die Gesangsstimme, die ihren Zenit hörbar überschritten hat.

Mit schönster Reinheit singt Anett Fritsch die Blanche, und jugendlich überschwänglich lässt sich Alma Sadé als ihre Vertraute Soeur Constance vernehmen. Jeanne Piland als strenge, die Wahl des Märtyrertods fordernde Mère Marie, wirkt mit noch immer jugendlichen Timbre fast zu weich für die Rolle.

Sehr respektabel die Herren John Wegner (Marquis de la Force) und Corby Welch (Chevalier). Den von Axel Kober geleiteten Düsseldorfer Symphonikern fehlt es zur präzisen Ausleuchtung von Poulencs neoklassizistischer Partitur etwas an Brillanz und Finesse.

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