Der Eintritt ins Tanz-Netzwerk

Die Performer Jan Fabre und Ivo Dimchev starten eine neue Reihe im Tanzhaus NRW.

Düsseldorf. Mit seinem hellblauen Hemd und der dunklen Hose sieht Ivo Dimchev adrett aus. Er sitzt auf der Bühne hinter einem kleinen Musikcomputer und erzählt. Von roten Hunden, dem Begehren des Publikums und seinem Wunsch, Choreograph zu sein. Und dann plötzlich blähen sich seine Nüstern, seiner Kehle entringen sich monsterartige Rufe und er säugt seine Perücke. Bachs „Matthäuspassion“ erklingt. Schweißnass und speichelsatt beweint Dimchev eine Porzellankatze.

„Som Faves“ (dt. einige Favoriten) ist der Abend des bulgarisch-belgischen Performers Ivo Dimchev betitelt. Und man erkennt unschwer in der körperlichen Unmittelbarkeit und dem Themenspektrum die Nähe zu einem anderen belgischen Künstler: Jan Fabre, der gerade seine neue Produktion „Prometheus Landschaft II“ in den USA herausgebracht hat.

Beide werden ihre Produktionen jetzt in der Tanzhaus-Reihe „Global Dance Alliances“ zeigen. Es funktioniert nach dem Kuratorenmodell. Das Tanzhaus NRW wählt einen renommierten Künstler aus, der dann einen Nachwuchskünstler aus seinem Kulturkreis mitbringt. „Wir laden die Künstler ein, eine aktive Mentorenfunktion zu übernehmen“, sagt Tanzhaus-Chef Bertram Müller. Aufstrebende Nachwuchskünstler sollen so eine Auftrittsplattform und damit ein Eintrittsbillett ins Netzwerk der Tanzszene erhalten.

Wichtig ist Müller dabei die „postkoloniale Kunstperspektive“, dass also nicht ein europäisch geprägter Blick die Auswahl bestimmt. So werden in den nächsten Monaten die Choreographen Olga Pona aus Russland, Gregory Maquoma aus Südafrika oder Jay Palazhy aus Indien Tanznachwuchs aus ihrer Heimat nach Düsseldorf mitbringen.

Zugleich ist damit das vom Tanzhaus NRW verfolgte Konzept einer ästhetischen Vielfalt gesichert und es werden Kontakte zu Künstlern der Zukunft geknüpft. Dass man dabei jetzt Jan Fabres „Prometheus Landschaft II“ als Europäische Erstaufführung zeigen kann, ist ein zusätzlicher Coup. So sehr bei der Auswahl der subjektive Blick der renommierten Künstler dominiert, eine carte blanche sei dies nicht, betont Müller.

In einem öffentlichen Gespräch mit dem Düsseldorfer Publikum müssen die Szenestars nämlich ihre Wahl begründen. Als dritter Baustein der Reihe werden schließlich Dokumentarfilme über die Tanzszene des jeweiligen Landes oder des Künstlers zu sehen sein. Im Falle von Jan Fabre funktioniert das kongenial. Die Film „Jan Fabre — der Wolkenvermesser“ zeigt den Belgier im Gespräch mit Geistesverwandten wie der Performerin Marina Abramovic oder dem Filmemacher Mike Figgis.

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