Opernhaus Düsseldorf Ballettabend „b.35“: Remus Sucheanas tänzerischer Weg zu Schubert

Bei dem Ballettabend „b.35“ im Opernhaus Düsseldorf treffen ab dem 27. April drei Choreografen aufeinander. Wir stellen sie in einer Serie vor.

Opernhaus Düsseldorf: Ballettabend „b.35“: Remus Sucheanas tänzerischer Weg zu Schubert
Foto: Gert Weigelt

Düsseldorf. Der nächste Ballettabend „b.35“ wird mal wieder ein Dreiteiler. Fast schon Gewohnheit für Freunde der neoklassischen Tanzkunst und der Schläpfer-Tänzer, die mehrere Jahre zur Kompanie des Jahres gekürt wurden. Ungewöhnlich aber sind die drei Choreografen, die am 27. April an den Start gehen.

Zwei Uraufführungen - die eine von Remus Sucheana, Ballettdirektor seines Zeichens, die andere von Ben Riepe, der in der Freien Szene und im Tanzhaus NRW eine künstlerische Heimat gefunden hat und erstmals mit „Environment“ eine Arbeit für die große Kompanie eines Stadttheaters kreiert. Das dritte Opus stammt vom Israeli Ohad Naharinund und wird einstudiert von Iyar Elezra. In einer Dreier-Serie stellen wir die drei Kreateure vor, die von Machart, Stil und tänzerischen Wurzeln nicht verschiedener sein könnten.

Wir starten mit Remus Sucheana, der kürzlich seinen Vertrag als Ballettchef des Opernhauses bis 2024 verlängert hat. Der 1980 im Karpaten-Dorf Vatradornei geborene Rumäne, der als 17-jähriger durch ein Stipendium nach Deutschland kam und seit 1999 mit und für Martin Schläpfer arbeitet, spricht fast akzentfrei Deutsch.

Sucheana, der seit 2009 mit seiner französischen Frau und zwei Kindern in Düsseldorf lebt, stand bis vor einigen Jahren selbst im Rampenlicht. Und bestach in vielen Uraufführungen von Schläpfer als Bewegungsathlet durch körperliche Ausstrahlung, Reinheit und Zurückhaltung.

Die eiserne Disziplin spürt man deutlich, die er aber hinter einem freundlichen, sympathischen Lächeln zu verbergen versteht. Immerhin hat er mal als Schüler die harte russisch-rumänische Schule durchlaufen, hat deren Prinzipien des klassischen Balletts (höher, schneller, besser) aufgesogen, bis er von seinem Mentor Schläpfer auf eine andere Spur gesetzt wurde, seine Bühnen-Persönlichkeit frei entfalten konnte.

Dass er als Ballettdirektor auch eigene Choreografien entwickelt, war sein eigener Wunsch. Die Prägung und Beeinflussung durch Schläpfer wurde bereits 2017 in Sucheanas Opus 1 sichtbar — dem Concerto Grosso von Alfred Schnittke. Selbstkritik bringt ihn weiter. „Mir war nach der Premiere bewusst, wo ich noch verbessern musste. Aus der Distanz weiß man, wo man ansetzen muss,“ gesteht er.

In diesen Tagen arbeitet er nun mit dem kompletten Ensemble (45 Tänzer) an seiner zweiten Kreation, dem Klavier-Trio Nr. 2 Es-Dur für Klavier, Violine und Cello von Schubert (opus 100, D. 929), einer der letzten Kompositionen von 1827, kurz vor dem frühen Tod des Tondichters. Besonders der zweite Satz, das Andante con moto, ist bekannt durch zahlreiche berühmte Filme, wie Michael Hanekes „Die Klavierspielerin“. Von der „Melodie voller Dramatik und tiefer Melancholie“ schwärmt Sucheana. Dunkelheit, Liebe und Schmerz, von der die Musik erzählt, werden sich in den Ballettbildern spiegeln.

Wie er auf dieses Werk stieß? „Stapelweise CDs habe ich vorher gehört. Als Schläpfer mir dann eine Aufnahme dieses Schubert-Spätwerks gab, stand für mich die Entscheidung fest.“ Und wie kreiert er das Werk? Inspirieren ließ er sich durch die Lektüre von Schubert-Biografien und durch Filme. Immer wieder hört er die CD während der heißen Probenphase — wenn er nicht im Büro sitzt, im Studio, sogar im Auto, wenn er vom Balletthaus nach Hause fährt.

Wenn Sucheana eine Idee für Soli und für ein Duo oder Pas-de-deux hat, ihm Szenen einfallen — „dann lasse ich alles liegen und mache schnell Notizen.“ Denn anders als andere Choreografen, ist bei der ersten Probe die Geschichte, die er erzählen will, schon vorhanden. Wenn er auch die Tänzer mit ihren Ideen und Emotionen am Schaffensprozess beteiligt, so sagt er unmissverständlich: „Das meiste gebe ich vor.“

Das zeigt das Selbstverständnis seiner Arbeit. Vorbereitet sein, das ist ihm wichtig. Auf Zufälle setzen? Das liegt ihm weniger. Schon jetzt rüstet er sich für die Zeit ab 2019, wenn sich Schläpfer Zug um Zug zurückziehen wird, und Sucheana allein die Verantwortung tragen muss. In der letzten Saison wurden bereits die Weichen gestellt, das Balletthaus wurde neu strukturiert, einige Tänzerstellen fielen weg.

Dafür verfügt das Ballett am Rhein jetzt über ein technisches Koordinatoren-Team, wie auch andere Ballettkompanien. Wenn Schläpfer auch weiterhin (nach 2019) eine neue Choreografie pro Saison mit dem Ballett am Rhein einstudieren wird, so wird Sucheana künftig auch den Spielplan zusammenstellen, auch dafür den Kopf hinhalten müssen. Aber auch hierfür scheint er gewappnet, und hat sich darauf in den letzten Jahren vorbereiten können.

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